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31. Juli 1975, eine UDR-Straßensperre in Buskhill bei Newry, County Down in Nordirland. Es nähert sich der Bus der populären irischen Popband Miami Showband, auf der Heimfahrt nach Dublin von einem Auftritt im Castle Ballroom, Banbridge, Co Down. Der Trompeter Brian McCoy (33 Jahre alt, Katholik aus Nordirland), Sänger Fran O'Toole und Instrumentalist Tony Geraghty (27 und 23 Jahre alt, Katholiken aus der Republik Irland), sowie Bandleader und Saxophonist Des "Lee" McAlea und Bassist Steven Travers müssen aussteigen und sich mit erhobenen Händen in einer Reihe am Straßenrand aufstellen. Die Musiker sind Straßensperren gewöhnt. Schnell stellt sich jedoch heraus, dass die Straßensperre ein Hinterhalt der UVF (Ulster Volunteer Force, protestantische Terrorgruppe aus Nordirland) ist. Die Loyalisten wollen eine Bombe in den Kleinbus legen (in den Gesangsboxen verstecken), die später (möglicherweise an einer nachfolgenden offiziellen Straßensprerre der britischen Armee) explodieren und so den Eindruck erwecken soll, die Musiker hätten Bomben für die IRA transportiert. Doch die Bombe geht vorzeitig hoch, wobei Harris Boyle und Wesley Somerville (22 und 34 Jahre alt, beide Protestanten aus Nordirland (Portadown und Caledon) und auch Mitglieder des UDR (Ulster Defence Regiments, ein Infantrieregiment der englischen Armee)) ums Leben. Des Lee wird von der Explosion durch die Luft geschleudert, und kann sich in der Dunkelheit verstecken. Er wird Zeuge des nachfolgenden Blutbades. Die überlebenden 5-8 protestantischen Terroristen wollen sich (in Panik?) unliebsamer Zeugen entledigen und richten ihre Maschinenpistolen auf die übrigen Musiker, die darum bitten, ihr Leben zu schonen. McCoy, O'Toole und Geraghty kommen jedoch in dem Kugelhagel der UVF ums Leben, Steven Travers überlebt schwer verletzt.
Der politische Hintergrund des Massakers war die Absicht der Abteilung MI5 des britischen Geheimdienstes, den 1974 vom englische Premierminister Wilson mit der IRA vereinbarten Waffenstillstand zu hintertreiben. MI5 unterstützte systematisch loyalistische paramilitärische Organisationen und versorgte sie mit Waffen, um den Waffenstillstand mittels einer Reihe von Anschlägen ungebremster sektiererischer Gewalt zu beenden. Einer der Sargnägel des Waffenstillstandes war dann auch die Ermordung von Mitgliedern der Miami Showband, die damals für ein friedliches Zusammenleben der religiösen Gruppen in ganz Irland eintraten. Konkret verwickelt war unter anderen Captain Robert Nairac, wie durch Waffenvergleiche ermittelt werden konnte. Nairic soll die Waffen und Uniformen für die Täter geliefert haben. Er gilt seit 1977 als von der IRA ermordet. Ebenso beteiligt war der berüchtigte Robin "The Jackal" Jackson, ein psychopatischer Auftragsmörder im Dienste der englischen Regierung. Er starb vor einigen Jahren an Krebs. Auch UDR-Mitglied Robert McConnell, erschossen von der IRA im April 1976, gilt als Hauptverdächtiger. Insgesamt waren 4 der Terroristen gleichzeitig Mitglieder von offiziellen UDR-Einheiten. Diese Verbindungen zwischen Militär und Untergrund waren in Nordirland bei weitem nicht unüblich. Auch Steven Travers, ist heute davon überzeugt, dass die Mörder mit staatlicher Unterstützung handelten, weil sie vor der Explosion völlig selbstsicher auftraten. Zwei der Täter wurden später wegen ihrer Tatbeteiligung vor Gericht gestellt und verurteilt. Travers reiste danach nur noch wenige Male nach Nordirland, unterstützt aber heute den nordirischen Friedensprozess und fordert die Einrichtung einer Wahrheitskommission.
Was die musikalische Bedeutung der Miami Showband betrifft, so waren sie wohl eine der populärsten irischen Bands zur damaligen Zeit, aber kaum Rock'n'Roll. Bono Vox gibt jedenfalls zu Protokoll, dass die Showbands damals "der Feind" waren, was dafür spricht, daß ihr Status dem eines James Last nicht unähnlich gewesen sein dürfte. Die Geschichte der Band reicht aber bis 1961 in die Beatera zurück. 1962 stieß der Sänger Dickie Rock zur Miami Showband und in den folgenden 10 Jahren konnten die Musiker 15 Singles in den irischen Top 10 plazieren. Rock verlies 1972 die Band für eine Solo-Karriere und schließlich übernahm der Keyboarder Fran O'Toole das Mikrophon. Die Popularität der irischen Showbands war auch bei den nordirischen Katholiken groß und so kreuzten viele Bands die Grenze für Konzerte in Nordirland. Diese starke musikalische Verbindung zwischen den Katholoiken in beiden Teile Irlands war protestantischen Extremisten ein Dorn im Auge, was den Anlass zu dem tödlich mißglückten Versuch gab, die Miami Showband als Unterstützer der IRA und als Bombenschmuggler zu denunzieren. Und so wurde 1975 zum Wendepunkt der irischen Showbandepoche, denn in der gleichen Woche, in der die Morde an McCoy, O'Toole und Geraghty geschahen, starb bei einem Autounfall auch der äußerst populäre Tom Dunphy. Von diesem Schlag erholten sich die Showband nie mehr und für Jahre wagte es kaum eine irische Musikgruppe nach Nordirland zu reisen. Die Überlebenden des 31.7.1975 reformierten sich als "New Miami Showband", doch Steven Travers stieg später wieder aus, weil die Band nur noch wegen des Bombenanschlags, nicht aber mehr wegen ihrer Musik beachtet wurde.
Offizielle Webseite: /www.themiamishowband.com |
LPs der Miami Showband:
Dickie Rock & The
Miami "Ten Of The Best" (LP, 1967, Marble Arch Records)
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In Memory: The Miami Showband Massacred
31 July 1975 Beautiful are the feet of them that preach the gospel of peace, Of them that bring glad tidings of good things In a public house, darkly lit, a patriotic (sic) Versifier whines into my face: "You must take one side Or the other, or you're but a fucking romantic." His eyes glitter hate and vanity, porter and whiskey, And I realise that he is blind to the braille connection Between a music and a music-maker. ´"You must take one side or the other Or you're but a fucking romantic": The whine is icy And his eyes hang loose like sheets from poles On a bare wet hillside in winter And his mouth gapes like a cave in ice; It is a whine in the crotch of whose fear Is fondled a dream gun blood-smeared; It is in war - not poetry or music - That men find their niche, their glory hole; Like most of his fellows He will abide no contradiction in the mind. He whines: "If there is birth, there cannot be death" And - jabbing a hysterical forefinger into my nose and eyes - "If there is death, there cannot be birth." Peace to the souls of those who unlike my fellow poet Were true to their trade Despite death-dealing blackmail by racists: You made music, and that was all: You were realists And beautiful were your feet.(Paul Durcan ist einer der besten zeitgenössischen Dichter Irlands. Bisher erschienen von ihm 17 Gedichtbände. Er hat zahlreiche Preise erhalten einschließlich der Patrick Kavanagh und Whitbread Poetry Awards. Außerhalb literarischer Kreise wurde er 1990 bekannt durch seine Zusammenarbeit mit Van Morrison bei dem Song "In the Days Before Rock & Roll" auf Van Morrisons CD "Enlightenment".) |
© 21-09-2000 by Martin Fuchs, updated 17-07-2011 / Mehr Tote? / Zurück zu den Lebenden?