DIE WAHRHEIT ÜBER
WIEN
WILL WIEDER WELTSTADT WERDEN

"Ich bin wie da Jesus - mia tuat das Kreuz so weh!" - Der Herr Karl - das Weichbild des Osterreichers schlechthin rundet sich in dem, was Osterreich vier Jahre zu spät als Ausläufer einer seinerzeit neuen Welle erreichte, zu einem Zirkel aus Gnade und purem Wahnsinn.

Von Xao Seffcheque, O.R.A.V. O.R.A.Ü.I. (ohne Rücksicht auf überhaupt irgendwas)

Gemütlich dahinwurstelnde Karriere - Chuzpe
(Foto: Clarisse Grumbach-Palme)

Das Schöne an diesem Lande ist, daß man immer wieder wegfahren kann (Qualtinger). Noch schöner ist, dass man von jedem beliebigen Punkt des Landes selten mehr als zwei Stunden dafür aufwenden muß. Das ergibt sich aus der kartografischen Lage des Landes und seiner Form, die einem Wienerschnitzel mit dünn ausgeklopftem Fett-Schwanz ähnelt. Der Homo Austriacus alpiniensis gleicht diesem Meta-Schnitzel wiederum zum Verwechseln. Mit der winzigen Einschränkung, daß die Proportionen von Schnitzelfleck und Fett-Schwanz sehr zugunsten des Schnitzels verschoben sind. Soweit zu den handelnden Personen.
Die Musik-Kultur hatte in dem seinerzeitigen Vielvölkerstaat Austria schon immer Tradition und Traditionen. Mozart, Haydn, Brahms, die diversen Sträuße, Schönberg, ich.
Im Anschluß an die schröckliche Metternich-Ära Mitte des vorigen Jahrhunderts gab sich das Volk stilvollen Vergnügungen hin, zu welchen vor allem das Tanzen im Walzerschritt zu zählen war. Johann Strauß im Besonderen kreierte Arrangements, deren Subtilität und gleichzeitige Wucht sich heutzutage in den schönen Liedern von ABC mit etwas Geduld und feinem Ohr wiederfinden lassen: jubilierende Geigen, schmetternde Fanfaren, knatternde Trompeten, tutende Waldhörner, zwingende Rhythmen, Männer mögen die Texte, Frauen lieben die Melodien. Der Reigen der untergangsseligen Vergnügungssucht schließt sich einmal mehr - die letzten Tage von Pompeji oder London calling, gebürstetes Haar und feine Beinkleider.
Fragt sich der Leser nun, was das mit der versprochenen Wahrheit über Wien zu tun hat, kann man ruhig sagen: Viel. Zumindest, was die Interessen der SOUNDS-Klientel betrifft.
Neugewellte Heinis - Karl Gott (Foto: Konrad Schnabel)
Punk-Rock passierte in Österreich so gut wie gar nicht. 1980 erschien "Love Will Tear Us Apart" in einer aparten Coverversion der Wiener Gruppe Chuzpe, in wochenlangen Versuchen eingespielt vom rührigen Wolfgang Strobl - heute führender Avantgarde-Musik-Gemischt- und Kolonialwarenhänd1er im Zentrum der Stadt ("Dum Dum") - auf seinem Gig-Label veröffentlicht. Da das Joy Division-Original in Österreich offiziell niemals erschienen war, konnte sich die Gruppe den Überraschungseffekt zunutze machen und immerhin 15.000 Stück verkaufen, was in Österreich einem Spitzenplatz in den Charts gleichkommt und für Chuzpe wie für Strobl Ruhm, ein wenig Geld (um das Strobl heute noch mit dem jetzigen Gig-Chef Spiegel gerichtlich streitet) und den Beginn zweier gemütlich dahinwurstelnder Karrieren bedeutete.
Hervorzuheben wäre der Mut, in diesem Lande so etwas wie ein Independent-Label aufzuziehen; der österreichische Markt dürfte grob geschätzt den Umfang des Düsseldörflichen haben, und tatsächlich starteten einige andere ähnliche Versuche, z.B. in gewisser Herr Nemeczek, seines Zeichens Mitglied der Gruppe Minisex, die ich vor etwa zwei Jahren schon einmal anhand ihrer ersten Platte innerhalb dieser heiligen Zeilen erwähnte. Der Gesang dieser Band z.B. wirkt, als befände sich der Sänger während der Aufnahme auf einem Fußmassage-Gerät, und der Saxofonist erweckt den Eindruck, als habe ihm ein Polizeibeamter eine Alkotest-Tüte hingehalten, in welche der Musiker nun frohen Herzens bläst. Weitere Veröffentlichungen dieser Gruppe kamen wohl nur dadurch zustande, daß Nemeczek gemeinsam mit einem Eberhard Forcher, Sänger und Gründer von Tom Petting's Hertzattacken, das Label Schallter aus der Taufe hob, das den neuen Donauwellen und ihren Protagonisten zum Durchbruch und ihren Agenten zu Glück, Ruhm und Reichtum verhelfen sollte. In Ermangelung von vertriebstechnischen Möglichkeiten - Ixtulu gilt als einziger österreichischer Independent mit Qualität und möchte so etwas wie der transdanubische Eigelstein-Verlag werden - und der Lust, sich welche zu schaffen, wurde Schallter kurzerhand an die Ariola abgegeben.

Mit Ausnahme von Leider keine Millionäre, ein in den Ideen witziges Projekt des wienerischen Bill Wyman der Rundfunkszene, Wolfgang Kos, erschien auf Schallter nichts Nennenswertes, will sagen: Nur NDW-Kopien- und Verschnitte, Plan-Epigonen, alter Hippie-Dreck, pseudomystischer Kram sowie keine akzeptable Schlagermusik. Wie zur Zeit der großen Koalition ist das Bild der Schallter-Szene vom Proporz geprägt, verfilzt wie ein alter Kalabreser-Hut, Mitteleuropas aussichtsloseste Pop-Musik-Aspiranten. Besser schlägt sich hier die ebenfalls aus Wien stammende Gruppe Blümchen Blau, die mit "Flieger" eine hübsche Single rausbrachte und deren gerade fertige LP von Kurt Dahlke alias Pyrolator aus Düsseldorf abgemischt wurde. Mehr dazu in Kürze auf den LP-Kritik-Seiten.
Schwierigkeiten mit ihrem Image seit der Joy Division-Coverversion hatte die Gruppe Chuzpe, ihren eigenen Angaben nach Österreichs erste und einzige Punk-Band, zumindest was das schöpferische und soziale Selbstverständnis betrifft; ihre erste LP hat einige kreative High-Lights und größtenteils ausgezeichnete Texte, mutet allerdings musikalisch im großen und ganzen doch etwas anachronistisch an, vom gesamteuropäischen Standpunkt wenigstens. Des weiteren erwähnenswert: Monoton, eine mit Elektronik etc. experimentierende, vom allgemeinen Szenengeschehen eher isolierte Formation und Nivea, eines der süßesten Mädchen der inzestierenden Wiener Szene, das zusätzlich zu seinem natürlichen Charme, seinen Entertainer-Qualitäten und seinem Talent nur mehr das passende Management benötigen würde.

Spinning Wheel, vorn hockend - Falco

Österreich ist im Verhältnis zur Welt vielleicht so etwas wie Berlin im Vergleich zu Deutschland: alles verzehrender Wasserkopf, tödlich isoliert, inzüchtig, kaputt und dabei trotzdem malerisch schön. In Osterreich bist du der letzte Dreck, ganz gleich, was du machst, wenn es außerhalb der szenarisch gesetzten Grenzen passiert, es sei denn, du machst es in Deutschland, was gleichbedeutend mit England, Amerika oder dem Mars ist. Das aber haben bisher mit Ausnahme des früheren Bassisten der Chaos-Rocktruppe Drahdiwaberl, Herrn Falco, nur die Liedermacher Ambros, Danzer, Hirsch, Cornelius, Fendrich und Waterloo geschafft, jene Schwachsinns-Mafia, die die Körnerfresser-Masse kontrolliert. Der Rest der Musiker lebt von Papas milden Gaben, vom Sozialamt oder von einträglichen Nebenjobs und findet seine Unterstützung in Form eines durchgehenden Hurra-Journalismus einheimischer Reporter und Rundfunkredakteure, die dem staunenden Besucher des Landes den Eindruck vermitteln, als hätte Wien in seiner Funktion als Metropole der zeitgenössischen Musikunterhaltung das mittlerweile tote L.A. und das langsam fade London längst überflügelt.

Allgemein überschätzte Hip-Kult-Band - Blümchenblau
(Foto: Helmut Utri)

Hervorzuheben wären hiebei das miserable "Bravo"-Plagiat "Rennbahn-Express", das sich wie die Selbsthilfe-Zeitung einer mittelberüchtigten Nervenheilanstalt liest, dabei das meistverkaufte Jugendmagazin darstellt!, und die TV-Jugendsendung "Okay", moderiert von einer gewissen Vera Rußwurm, die übrigens exakt so aussieht, wie sie heißt, und hauptsächlich schlechte Industrie-Videos von ganz miesen Truppen bringt. Mitjubeln darf auch ein Herr Peter Paul Hopfinger, der regelmäßig versucht, auch den größten Kack österreichischer Provenienz in einem augenscheinlichen Anfall überdrehten Patriotismus' den Lesern des Magazins "Top" schmackhaft zu machen. Leider bilden auch gutgemeinte Szene-Gazetten wie die vom Renommier-New-Wave-Club-Chef Peter Schaberl verlegte "Musiklandesrundschau" keine Ausnahme: Gut ist, wer in der Woche drauf im Club "U 4" gastiert, schlecht ist dann regelmäßig die Truppe, die in der Vorwoche aufgetreten ist, aber immerhin ist die in 10.000er Auflage erscheinende "Spex"-Nachempfindung ein positiver Ansatz, dem man durchaus Chancen zur inhaltlichen und hoffentlich auch wirtschaftlichen Konsolidierung geben darf, zumal das Blatt das einzige gedruckte Forum für den diversen Nachwuchs darstellt.
Fazit: "Unablässig wäscht eine Hand die andere, nur: man weiß nicht, wozu!" wie die teilweise hervorragend gestylte Programm-Zeitung "Wiener" gehässig kommentiert, die im pausenlosen Zusammenwirken jener typischen Cliquenteile Journaille, Plattenfirmen, Musiker-"Stars", TV- und Rundfunkfritzen und Veranstalter eine "Versumpfung der journalistischen Sitten" bemerkt. "Es kann jeder New-Comer mit einer freundlichen P.R.-Story rechnen, nicht aber mit aufrichtiger Kritik. Die Hurra-Berichte, die alles gleich gut finden, treiben die Musiker in tumben Größenwahn und desensibilisieren den Geschmacksnerv des Publikums. Wenn alles super ist, schmeckt bald gar nichts mehr!" Anhand einer sehr ähnlichen Entwicklung zeichnete sich schon vor einem Jahr das Ende der damals eben erblühten NDW hierzulande ab. Osterreich hing schon immer etwas nach ...
"In Wahrheit verdienen nur ganz wenige. Doch eine Handvoll Journalisten tut pausenlos so, als wären wir eine Rock-Supermacht. Und wir lassen uns gern belügen." ("Wiener", Michael Hopp) Unnötiger Nationalstolz und dumpfer Patriotismus sind und waren schon immer unsere Stärke, hüben wie drüben, hier wie auch dort. Zudem ist leicht über Osterreich schimpfen, wenn hier dieselben Fehler begangen wurden und noch immer begangen werden. Seien wir uns ehrlich: Die NDW und ihre Ableger in Österreich und der Schweiz haben mit Ausnahme der Mittagspause-Produkte, des zweiten DAF-Albums, der Fehlfarben-Peter Hein-LP, der 1. Plan-LP, der 1. Palais-Schaumburg-LP und der ersten beiden Malaria-12"s nichts, absolut nichts Wesentliches hervorgebracht. Wobei weniger Kacke dabei war, als man auf den ersten Blick vermuten könnte: Vielmehr egalisierten sich die meisten Produkte gegenseitig durch tödliches Mittelmaß, gähnende Langeweile und grassierenden vorsätzlichen Schwachsinn.

Zukunftsträchtig und hübsch? - Blizzfrizz

Einer der wenigen Wiener, die das erkannt haben, ist der Moderator der wohl besten Rundfunk-Sendung "Ö-3-Musikbox", Alfred Hütter, der schon den internationalen Anschluß geschafft hatte, als sich noch ganz Wien von Frank Zappas "Joe's Garage" zum Tanz aufgefordert fühlte: Wer in Osterreich gute Pop-Musik, heimischer und internationaler Prägung, hören will, muß sich seine Sendungen zu Gemüte führen. Oder mit den Machern der Krisenproduktion reden: Gottfried Distl und Andrea Dee, die unter dem Pseudonym "Rassemenschen helfen armen Menschen" zwei interessante Single-Produktionen veröffentlichten und sich zudem mit Videos und Filmen beschäftigen. Selbstdarstellung: "Mein Ahnherr ist Allen Ginsberg. Aber seine Prophetie erfüllte sich in den sechziger Jahren. Bis zum Woodstock-Festival hat die Beat-Generation recht gehabt. Aber heute ist alles ganz anders!"
Falco ist ein typischer Retortenstar, früher Bassist bei der Tanz-Kapelle Spinning Wheel und bei Drahdiwaberl, heute Hit-Interpret (1 Stück) von des Jazzers Robert Pongers Gnaden. Er ist unwichtig und schon heute redet niemand mehr von ihm. Wilfried ist ein retrovaginaler Chamäleon-Rocker ohne Schneid und Substanz, der vom Jodeln bis zum New Wave schon alles versucht hat, Franz Morak ein normaler Burgschauspieler mit Lindenberg-Ambitionen, die Cosmetics Osterreichs Möchte-Gerne-Ideal.
Zukunftsträchtig und hübsch (bescheiden) sind Blizzfrizz mit einem potentiellen Hit, "Farb-TV", gesungen von Reinhard Weixler aus Graz, der außerdem vorführt, wie vorbildliche Eigenproduktionen zu klingen haben. Von ihm wird man auch hier noch hören!

Der Tee-Nager ("LopSang-Su-Chong") Gerhard Pakesch, ebenfalls aus Graz, entpuppt sich als vielversprechender Nachwuchs-Avantgardist und bekommt für den Namen seiner Zwei-Mann-Gruppe "schön ist anders" einen Orden, "No New York" findet in der steirischen Mädchengruppe "Rosi lebt" ein alpines Pendant, für Sid Vicious Erben treten Diverser Nachwuchs ein, im übrigen wird die Stadt von Herrn Lugus regiert. So, das war's für mich. Eigentlich wollte ich ja detailliert auf die wesentlichen Städte des "neuen" Geschehens - Wien, Graz, Linz, Wiener Neustadt - und ihre Exponenten eingehen, ich möchte dies jedoch anstandshalber unterlassen, weil mir die Kritik anläßlich des deutlich zu erkennenden Substanz- und Ideen-Mangels innerhalb der österreichischen Musikszene im besonderen und der mitteleuropäischen im allgemeinen vielleicht doch zu hart geriete. Trotzdem oder deshalb muß ich sagen, daß alle hier Erwähnten allen Nichterwähnten um Längen voraus und überlegen sind, denn die wenigen, die sich trotz einer Atmosphäre rot-weiß-roter Behäbigkeit links und rechts der Donau, abseits musikalischer Trampelpfade bewegen, gelten, wenn überhaupt bekannt, in der großen Öffentlichkeit nach wie vor als seltsame Exoten, mindestens aber als totale Vollidioten, denen man - noch 1000 mal schlimmer als in Deutschland - ständig mit grenzenlosem Unverständnis oder offenem Haß gegenübertritt.

 

MACHER
MÖCHTEGERNS
MONETEN

Von Konrad Schnabel

Wer kann Wien noch retten? "Es fehlen Frontmänner, die die Szene beflügeln könnten", sagt der oben schon erwähnte Peter Schaberl, Er will's (und kann's nicht werden, obwohl Neider ihn den Alfred Hilsberg Wien's nennen. Beiden ist allerdings nur der (verzweifelte) Hang zu jungen Mädchen gemein. Und auch Dum-Dum-Chef Wolfgang Strobl bleibt momentan nur die Samariter-Arbeit, Musikern ohne Plattenvertrag (große Ausnahme in Wien - ohne Vertrag sind meist nur diejenigen, die ihre Instrumente geliehen haben - Instrumenteneigner sind allesamt bei der Ariola) eine Veröffentlichungschance auf seinen Cassettensamplern MAY I HAVE A RECORD CONTRACT zu bieten. Sein Plattenladen (von der Größe eines mittleren Badezimmers) ist derzeit der wichtigste Treffpunkt aller Musikinteressierten. Hier trifft man auch bereits etablierte Musikusse, wie Christian Brandl, Bassist von Chuzpe und der erste Eigentümer von Ramones- und Clash-LPs in Wien. Als professioneller Arbeitsloser bleibt ihm auch viel Zeit für journalistische Tätigkeiten, wie z.B. die Übersetzung des Burchill/Parsons-Buches "The Boy Looked At Johnny" oder die monatlichen Rezensionen im Musikteil des "Wiener". Zudem ist er auch am Ruhm der allgemein überschätzten hip/Kult-Band Blümchen Blau maßgeblich beteiligt. BB sind die heiligen Kühe in der Wiener Szene, und das, obwohl sie gerade mal eine gute Single gemacht haben, wovon sie knapp 4.000 Exemplare verkaufen konnten. Bei Live-Auftritten und im Umgang mit den Medien bewegen sie sich professionell hochnäsig, und kleinste Wehwehchen oder Identitätsprobleme innerhalb der Band werden breit in der Offentlichkeit diskutiert!
Zurückhaltender ist da schon Christian Uhl, seines Zeichens Frontmann der Formation Standart Oil, dessen aktuelle LP (natürlich auf Ariola) NAGASAKI zwar keine innovatorischen Züge aufweisen kann, jedoch mit japanischer Sängerin und gezielten Bläsersätzen eine erfrischende Abwechslung innerhalb der übrigen hilflosen Wegwerfprodukte Wien's bringt.

Sollte das schon alles gewesen sein? Tatsächlich, läßt man den Entwicklungslandbonus weg und sucht nach Klasse statt Masse, bleiben fürwahr nur noch ideenlose Dünnbrettbohrer und halbgare Avantgardeprodukte übrig. Die experimentellen Gruppen vom Schlage Molto Brutto/Duallein/Wirrh/Dumpf und Rosachrom sind die übelsten Kretins europäischer Vinylproduktionen! Ideenlos, langweilig, verkrampft, wäßrig und blutleer werden Klänge und Minimalmelodien bis zum Erbrechen ausgewalzt. Das Fatale daran ist die von Xao bereits erwähnte Hurra-Berichterstattung in der Presse. Die tust-du-mir-nichts-tu-ich-dir-nichts-Ideologie der Schreiberlinge verleitet zum Größenwahn, verhindert eine kritische Auseinandersetzung und ergibt solch unreflektierte und nichtssagende Platten wie den Panza-Sampler HEIMAT BIST DU GROSSER SÖHNE (eine Textzeile aus der österr. Nationalhymne - übrigens die einzig originelle Idee der Platte), auf der aber auch jeder Furz eines neugewellten Heinis (wie Karl Gott, Dämmerattacke, die wilden Pinguine.. .) erfaßt ist. Und das beste Beispiel dieser Hofberichterstattung ist das gerade veröffentlichte Szenen-Überblick-Buch "Die guten Kräfte" in dem es von Selbstbeweihräucherung nur so stinkt und kracht. (Alles wie hier - oder? O.R.A.V.-Anmerkung)
Warum noch viele Worte verlieren, vom Hausfrauenrocklabel Schallter bis zu den unheilsschwangeren Friedhofswärtern der Wiener Neustadt, die Donaumusiker stecken weiterhin in einer kulturellen Gehemmtheit. Der eigene Markt deckt noch nicht einmal die Unkosten der Produktion ab, und der dauernd schielende Blick ins benachbarte Deutschland läßt sie zu bemitleidenswerten Epigonen werden, die nichts aus der eigenen kulturellen Tradition gelernt und verstanden haben und schon von vornherein zum Scheitern verurteilt sind: Tragische Figuren. Erfolgszwang von hoffnungsvolleren Gruppen wie Blümchen Blau, der Druck von Medien und Fans, bringt schließlich auch noch die guten Bands zur Strecke. Denn "nur wer mit sich selbst identisch ist, braucht keine Angst vor der Angst mehr zu haben" (R.W. Fassbinder).

(Quelle: Sounds 11/82)


Fresse / Information Overload