Kinder
aus der Mülltonne
In Berlin lieferten sich die Punks eine blutige Straßenschlacht
mit der Polizei und ständige Fehden mit den feschen Poppern. Jetzt
will eine Bürgerwehr die Punks aus Kreuzberg vertreiben
"Wir sind der letzte Dreck!"
Zuerst war für die Punks der Schock nur schick und Häßlichkeit
bloß Mode. Aus dem garstigen Spaß ist jetzt in Berlin blutiger
Ernst geworden. Schlägertrupps überfielen Punks in ihrem Stammlokal.
Punks lieferten der Polizei eine Straßenschlacht. Bürger denken
schon an "Zwangsarbeit" und "Gaskammer", wenn sie
diese Gestalten sehen.
Grelle Schminke, strubbelige Haare, Sicherheitsnadeln, Abzeichen,
Gasmaske, Bandagen und nackte Haut - so finden sich die Berliner Punks
gerade richtig. Sie wollen die Bürger provozieren
Foto: Müller-Schneck |
Kneipenwirt Manfred Ruch (rechts) unterstützt die Bürgerwehr,
die die Punks vertreiben will
40 Verletzte gab es, als Punks, Popper und Polizei sich in Berlin
eine Straßenschlacht lieferten
Fotos: Müller-Schneck, Stark-Otto, Rondholz
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"Es ist nur noch eine Frage der Zeit, wann es die ersten
Toten gibt"
Peter Fuhsy von der "Bürgerwehr"
Gatsby, 20, wurde von den Männern der "Bürgerwehr
krankenhausreif geprügelt. Sie brachen ihm beide Arme und ein
Handgelenk. Der Punk kam für fünf Wochen in Gips. Einer
der Schläger zum STERN: "Der ist gestolpert"
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Ein Bericht von Wolfram Bortfeldt und Wolfgang Metzner
"Chaos" heißt die Kreuzberger Kneipe. Ein Flipper, ein
Billard-Spiel, ein paar alte Tische und Stühle - das ist alles. Die
Wände sind nicht kahl. "Deutsche flüchtet - Gaskammer kommt"
ist einer der kreuz und quer hingeschmierten Sprüche. Daneben: "Die
Musik muß laut genug sein, damit wir nicht hören, wie die Welt
zusammenbricht." So laut dröhnt auch der harte Punk-Rock von
"Blitzkrieg" aus den Boxen. "Wir sind alle Prostituierte",
hat ein Mädchen auf ihr T-Shirt geschrieben. Über ihr steht
an der Wand: "Wir sind die Kinder aus der Mülltonne."
So sehen sie auch aus, die Jugendlichen, die im "Chaos" verkehren
- jedenfalls in den Augen der Bürger von nebenan. Das Lokal in der
Großbeerenstraße ist der Treffpunkt der Berliner Punks. Zerschlissene
Hosen, grell gefärbte Haarsträhnen, auch mal eine Sicherheitsnadel
im Ohr oder eine RAF-Plakette an der Lederjacke. Sie schmücken sich
mit Häßlichkeit. Keiner sieht so aus wie der andere. "Wir
lehnen jede Norm ab", sagt "Chaos"-Kneipier Mike Koppermann,
18. "Ich will nur leben. Morgen kann der dritte Weltkrieg ausbrechen."
Eine Schlacht brach schon am 17. Oktober in Berlin aus, eine Straßenschlacht,
wie sie die Stadt lange nicht erlebt hatte: Punks prügelten sich
mit Polizei und Poppern. Die adretten, geschniegelten Popper, dank "Papas
Kohle" modisch ausstaffiert, wollten in der Neuköllner Discothek
"Maxim" ein Treffen mit Gästen aus Westdeutschland feiern.
Punks fühlten sich vorn Auftreten der Popper provoziert. Das Gerücht.
Popper hätten einen Punk erstochen, heizte die Stimmung an.
Als 250 Polizisten mit Schildern und Knüppeln die Punk-Trupps vom
"Maxim" abdrängen wollten, schlugen diese zurück:
Sie kippten Autos um,o warfen Schaufensterscheiben ein, Farbbeutel und
Pflastersteine flogen. Bilanz der blutigen Nacht: 40 Verletzte, darunter
15 Polizisten, elf schwer beschädigte Polizeiwagen, 18 Festnahmen.
"Das war echt 'ne Schlacht", sagte ein Punk zum STERN, "'ne
Wut war schon lange."
Auch wenn die Polizei überrascht tat, die Auseinandersetzungen hatten
sich seit langem angebahnt. Seit die "Kinder aus der Mülltonne"
von ihren Treffpunkten am Kurfürstendamm verdrängt worden und
viele "Mode-Punks" abgesprungen waren, schien die Protest-Bewegung,
die 1977 aus den englischen Arbeiterslums herübergeschwappt war,
abzuebben. Doch die halbwüchsigen Außenseiter trafen sich jetzt
abseits der City. Dort wurden die Neinsager mit der bewußt abstoßend
häßlichen Aufmachung laut. Die schillernden Haarsträhnen
tauchten auf bei Demonstrationen gegen Strauß und als Abrißhäuser
besetzt wurden. "Punk ist Widerstand - gegen Popper und gegen Spießer.
Ich laufe so rum, weil es schockiert", sagt Celli, ein 15jähriger
in Armyjacke, "sollen die Spießer doch denken, was sie wollen!"
"Wir sind die Kinder aus der Mülltonne"
Berliner Punks auf dem Klo ihrer Kneipe "Chaos". Auf
Lederjacken wie auf Hauswänden steht ihre Parole "no future"
- keine Zukunft
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Die Popper, die auf schicke, teure Kleidung und gepflegte Formen
besonders großen Wert legen, geraten immer wieder mit den
Punks in Streit
Fotos: Müller-Schneck, Henrike Schütz
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Anders als bei den Rockern, mit denen sie oft in einen Topf geworfen
werden, gibt es bei den Punks keine Bosse und keine feste Gruppe. "Punk
ist eine Lebensphilososophie", erklärt Joachim. Der 23jäh-rige
Schriftsetzer meint damit aber nicht eine Philosophie für alle, sondern
daß jeder Punk seine eigene Philosophie hat. "Anfangs waren
viele nur modemäßig drauf. Andere stehen nur auf die Musik.
Für mich ist Punk Politik. Aber es ist wirklich nicht bequem, so
rumzulaufen."
Seine Lederjacke mit RAF-Plakette, Nieten und Sicherheitsnadeln am Revers
und natürlich sein Zopf haben ihm "manche blöde Bemerkung
in der U-Bahn und bei den Kollegen" eingebracht. Individualismus
und "freiheitlich draufsein" ist für Joachim entscheidend.
Die Anschläge von RAF und der "Bewegung 2. Juni" findet
er "ganz gut". Begründung: "Wir sind Anarchisten.
Kein Macht für niemand!"
Auch Mike, der Bier-Zapfer im "Chaos" hält das Absondern
von der Gesellschaft für Politik. Der Düsseldorfer Architektensohn
könnte von seiner Herkunft her eher zu den Poppern gehören,
zu den Kaschmir-Typen, "die Kohle haben". Für Mike ist
das aber keine Geldfrage: "Für mich sind die Popper rassistisch.
Wir sind ihr Dreck." Doch auch die Leute, "die >Atomkraft
nein danke<-Plaketten tragen, aber auf ihre Autos nicht verzichten
wollen", lehnt er ab.
"Mollies statt Müsli" hat jemand an die Wand gekritzelt.
Also wenn schon alternativ, dann lieber mit Molotow-Cocktails als mit
Körner-Kost.
Das sagt auch ihre Musik. Während der gängige Punk-Rock der
"Sex-Pistols" oder "Clash" von vielen echten Punks
als "Kommerz-Scheiße" abgelehnt wird, sind deutsche Gruppen
wie "Stromsperre", "Einstürzende Neubauten",
"Kaiserschnitt", "Leichenlust", "Blitzkrieg",
"Gegenwind", "KFC" (Kriminalitäts-Förderungs-Club)
und "Beton-Combo" bei ihnen der letzte Schrei. "Mollies
und Steine", "Bullen" oder "Linke Spießer"
heißen Titel der "Ätztussis". Textprobe: "Hey
du linker Spießer, wichs uns bloß nicht an, reiß dein
Maul nicht auf, wir sehen anders aus und sind auch anders drauf."
"Da bist du, versuchst zu agitieren, anstatt den ganzen Schweinen
die Fresse zu polieren", dröhnt es aus den Boxen. "In dieser
Musik kann ich die ganze Aggression loswerden". sagt Mike.
"Diese Musik ist nichts zum Rumträumen mit Kopfhörern.
Da kannste 'ne Wut rauslassen. danach fühlst du dich entspannt",
sagt "Roady". eine 18jährige Gymnasiastin mit schwarzem
Bürstenhaarschnitt und riesigen Ohrclips. Manchmal stellt sie sich
den Brutal-Sound sogar zum Einschlafen an. Sie fühlt sich wohl im
"Chaos", doch sieht sie das alles "nicht so verbissen".
In der Schule hat sie einen Popper-Freund, mit dem sie "gut quatschen"
kann, und wenn ihr danach ist, zieht sie auch mal einen Rock an. "Es
gibt auch Punks, die bei ihren Eltern in einer Grunewald-Villa wohnen,
es sind nicht nur arbeitslose Jugendliche."
Roady selbst lebt in einer Kreuzberger Wohngemeinschaft. In der Schule
hat sie wegen ihrer Aufmachung keine Schwierigkeiten. im Gegenteil: "Manche
Lehrer finden mich stark. Es kommt ja nicht darauf an, wie man aussieht,
sondern was man draufhat." In der U-Bahn ist das anders: "Da
habe ich jeden Morgen meinen Auftritt. Die Leute starren mich an; wenn
ich sie dann ansehe, gukken sie schnell weg. Ich kann mir doch keine Blume
ins Haar stecken, ich sehe hier keine Blumen!"
Im selben Kreuzberger Haus wohnt Punk-Freund Skinnv. Er fällt weniger
durch seine super-kurze Bürste auf als durch sein T-Shirt mit dem
großen Hakenkreuz darauf. Skinnv ist kein Neonazi. Er will den Leuten
damit nur sagen: "Ihr seid die Nazis!" Die bürgerliche
Umwelt reagiert auf diese Provokation genau so. wie es die Punks erwarten:
.Ab in die Gaskammer!" wird ihnen nachgerufen, und: "Ihr
gehört ins Arbeitslager!"
Bei Sprüchen ist es nicht geblieben. Seit Mike Koppermann und Pit
Morga, 31, im Februar das "Chaos" aufmachten, formiert sich
bei den Leuten im Kiez die Front gegen den "Punker-Pöbel".
Zuerst rückten die "Hertha-Frösche" zu einer Prügelei
vor dem Lokal an -unge Fans des Berliner Fußballclubs. Dann kamen
richtige Schläger. Eines Abends flog ein Punk durch die Fensterscheibe.
Zwei Wochen später verlor ein Mädchen Zähne, als wieder
ein Rollkommando eindrang. Mobiliar ging zu Bruch, Mitbesitzer Pit Morga
wurde bewußtlos geschlagen.
Einer der Anführer der selbsternannten "Bürgerwehr"
ist Peter Fuhsy, Inhaber der "Bierstuben" um die Ecke. In einem
Beschwerdebrief an das Rathaus des Berliner Stadtbezirks Kreuzberg beklagte
er, daß "man sich und seine Gäste schon bewaffnen muß".
Er hält abgebrochene Billardstöcke bereit gegen die "Banausen".
Fuhsys Feindbild: "Die haben doch alle Messer unter der Jacke, knicken
Autoantennen ab. zerstechen Reifen und pinkeln in die Hausflure."
Wenn Punks nur vor ihrer Kneipe standen und sich unterhielten und sonst
gar nichts taten, alarmierten Fuhsy und andere um ihren Umsatz besorgte
Wirte in der Nachbarschaft schon die Polizei. Doch Funkstreifen fanden
bei Razzien und Routine-Kontrollen höchstens mal ein paar zersplitterte
Bierflaschen - und die liegen vor anderen Kreuzberger Kneipen auch."Bierstuben"-Mitinhaherin
Margot Blum: "Ein Beamter sagte uns, der Polizei seien die Hände
gebunden. Ob man die Sache nicht selbst in die Hand nehmen wolle."
Das taten die Bürger. Karate-Kämpfer waren dabei, als in der
Nacht zum 8. September 20 kräftige Männer aus dem nahen Speiselokal
"Alt-Berlin" vor der Punk-Pinte "den Abschaum aufmischten"
(Bierstubenwirt Fuhsy).
Ein betrunkener Mode-Punk, der nicht im "Chaos" verkehrt, hatte
"Alt-Berlin"-Wirt Manfred Ruch aus Wut über einen Rausschmiß
tätlich angegriffen. "Da hat dann die Bürgerwehr hingehauen",
freut sich der Koch des Bürger-Lokals. Punk-Mädchen Roady: "Einer
machte seinen Gürtel mit 'nem Löwenkopf los und schlug wie mit
einer Peitsche auf meinen Hinterkopf." Die Naht ist noch heute zu
sehen. Ihr Kumpel Thomas Andrekowski, 20, hatte eine breite Platzwunde
an der Stirn: "Von einer Stahlrute. Zum Glück habe ich mich
fallen lassen."
"Paß auf, daß du keine Kugel zwischen die Augen kriegst!"
Am schlimmsten erwischte es den zarten Gatsby, 20, der wegen seiner bunten
Haare schon als Dekorateur-Lehrling im Warenhaus schikaniert wurde, Hausverbote
bekam und später keinen Arbeitsvertrag erhielt: "Sie haben mir
ein Bein gestellt. Dann wurde ich sofort bewußtlos." Diagnose
im Krankenhaus: ein Handgelenk und beide Ellenbogen gebrochen. Der Koch
von nebenan erinnert sich auch noch daran und grinst: "Da ist einer
gestolpert. Der war dann im Koma. Aber tot war er nicht."
Vier Punks landeten in dieser Nacht im Krankenhaus. Gatsbys Arme kamen
fast fünf Wochen in Gips. Die Angreifer blieben unbehelligt. Punk
Sabine, die Anzeige erstatten und mehrere Schläger identifizieren
wollte: "Die Beamten im Funkstreifenwagen haben nur gelächelt
und sind weggefahren. Später auf der Wache haben die Polizisten Kaffee
getrunken, aber keine Anzeige angenommen." Der zuständige Kreuzberger
Dienststellenleiter vom Polizei-Abschnitt 52 kann das nicht glauben: "Uns
ist es doch wurscht, ob jemand lila Haare hat oder grüne."
Nicht überall stoßen die Punks auf Pogrom-Stimmung wie bei
der "Bürgerwehr". "Chaos"-Hauswirt Lothar Klein:
"Die Punks sind o. k. Anfangs war es ein bißchen laut. Aber
jetzt beschweren sich die anderen Mieter nicht mehr." Eine 64jährige
Rentnerin: "Komisch sind die schon. Aber Angst habe ich nicht. Ich
hab' schon mitten in der Nacht auf der Straße ganz nett mit denen
gequatscht." Eine 39jährige Hausfrau von gegenüber. Die
aus Angst vor der .Bürgerwehr" ihren Namen nicht sagen
will: "Die jungen Leute sind eigentlich sehr nett. Die grünen
Haare - na und? Früher waren es die Rocker, dann die Hippies mit
den langen Bärten. Das gibt sich alles wieder."
Der Krieg um das "Chaos" geht weiter. Am 19. Oktober, zwei Nächte
nach dem Kampf vor der Diskothek "Maxim", nahmen die Popper
Rache. Mit dicken Autos fuhren sie an der Punk-Pinte vor. Ein Stein flog
durch die Scheibe ins "Chaos". wo nur sieben Besucher saßen,
darunter vier Mädchen. Rund 30 Popper stürmten durch die Tür.
Gaspistolen knallten, Leuchtgeschosse detonierten im Lokal. Die feinen
Popper zertrümmerten mit Eisenrohren und Tischbeinen das Mobiliar
und droschen mit Kabeln auf die sieben Punks ein.
Welche Vorurteile hinter dieser Wut stecken, verrieten Popper später
in ihrem Stammlokal. Ein junger Angestellter in modischen Karottenhosen:
"Alles, was den Punkern fehlt, ist Arbeit. Vier Wochen Arbeitsdienst
in der Kohlengrube oder im Knast." Popperin Claudia, 16: "Wir
laufen gepflegt rum, nicht dreckig wie die. Die schmeißen doch Kacke
aus den Fenstern. Da laufen welche mit Beulenpest und Infektionen rum.
Die sind dagegen schon immun. Wir waschen uns, deshalb sind wir anfällig
für so 'ne Pest. Die Punker wollen alles, was sauber ist. vernichten."
Um das "Chaos" stehen die Zeichen auf Sturm. Die Teds mit Tolle,
die auf der Rock-'n'-Roll-Welle reiten, haben sich inzwischen mit den
Punks verbündet. Sie hatten schon mit Stuhlbeinen und Baseball-Schlägern
aufgerüstet, als vorige Woche ein Gerücht den Anmarsch der schnieken
Popper meldete. "Wenn die Bullen unsere Kneipe dichtmachen",
sagt ein Punk nach dem Fehlalarm, "sind wir hier mit 500 Mann auf
der Straße." Der Kneipen-Wirt Ruch wiederum will "den
Strick liefern. an dem die Punker aufgcknüpft werden".
Ein Polizist drohte nachts einem herumstreunenden Punk: "Paß
auf, daß du keine Kugel zwischen die Augen kriegst." Und auch
für "Bierstuben"-Boß Fuhsy und seine "Bürgerwehr"
ist der Fall noch längst nicht erledigt: "Es ist wohl nur noch
ein Frage der Zeit, wann es die ersten Toten gibt."
(Quelle: STERN Nr. 48/1980)
Leserbriefe
Kein Wunder, daß es kracht
STERN Nr. 48/1980: "Wir sind der letzte Dreck" - In Berlin schlugen
Popper auf Punks ein und lieferten Punks der Polizei eine Straßenschlacht.
Es ist nicht gut, wie abfällig über die Popper gesprochen wird.
Es mag ja sein, daß viele von Papas Kohle Kaschmir-Klamotten kaufen.
Aber es gibt auch viele, deren Eltern kein Geld für so etwas haben
und die deshalb neben der Schule noch arbeiten gehen.
NIOOLE BOHN
Köln
Ich zähle mich weder zu den Poppern noch zu den Punks. Über
die Popper muß man kein Wort verlieren, denn sie sind nur eine Freude
für die Konsumgüterindustrie. Anders die unorganisiert protestierenden
Punks. Hier ist ein Boden, auf dem dank der Sprüche der Staatsgewalt
- wie etwa: "Paß auf, daß du keine Kugel zwischen die
Augen kriegst" - zukünftige Terroristen gedeihen könnten.
Ich bin gespannt, ob der Staat die Fehler, die mit zur Radikalisierung
der Baader-Meinhof-Gruppe geführt haben, wiederholt.
MATTHIAS MÄRTENS
Wachtberg-Pech
Es ist erschreckend, wie brutal und herablassend sich Popper und Spießer
den meist harmlosen Punks gegenüber verhalten. Diese Punk-Gegner
zeigen im Grunde dieselbe aggressive und provozierende Haltung, für
die sie die Punks verurteilen. Trotz gepflegter Kleidung und geschniegelter
Haare wirken die Popper auf mich schäbiger und dreckiger als die
chaotisch aussehenden Punks.
CLAUDIA LAUTERBACH
Berlin
Was soll dieses Schubladendenken7 Demnächst gehen wir zum Psychiater
und lassen uns einordnen. Ich laufe auch manchmal in Karottenhosen und
College-Schuhen herum, gehe aber auch zu Nina Hagen mit einer Sicherheitsnadel
im Ohr.
GABY BITOMSKY
Bremen
Mich stört sowohl an Punks wie an Poppern die Intoleranz anderen
gesellschaftlichen Gruppen gegenüber. Wo Punks und Popper aufeinandertreffen,
stoßen zwei Extreme aufeinander. Kein Wunder, daß es dann
kracht. Beide Gruppen haben noch nicht gelernt, sich mit Andersdenkenden
auseinanderzusetzen, ohne sich gleich krankenhausreif zu schlagen.
MICHAEL SCHILKE
Pellworm
Endlich waren die Punks einmal nicht die "Rudies", die den
armen unschuldigen Poppern das Leben schwermachen. Vielleicht wurden dadurch
bei einigen Leuten Vorurteile abgebaut.
"LARRY" SCHULZE
Hannover
Das Bedürfnis nach publizistischer Öffentlichkeit der Popper
und Punker wurde schon von zu vielen Medien erfüllt und heizt die
Konflikte zwischen den Gruppen vermutlich eher an. Aggressive Schläger
haben sich in Berlin unter die Popper gemischt und die Überfälle
auf das Punker-Lokal "Chaos" inszeniert. Popper und Punker werden
sich wieder vertragen. Aber wer schützt uns vor der Bürgerwehr,
diesen brutalen selbsternannten Hufspolizisten?
HERFRIED TIETGE
Berlin
Die sogenannte "Bürgerwehr" sollte sich einmal fragen,
woher die Frustrationen der Jugendlichen kommen. In unserer schnellebigen
Zeit ist für Individualität kaum noch Platz. Deshalb lehnen
sich die Jugendlichen auf und machen auf sich aufmerksam. Dieses Verhalten
muß als massiver Hilferuf verstanden werden.
HEIDI LIEBCHEN
Hamburg
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