Kronos Quartet / Biografie und Diskografie 2024
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David Harrington (Violine), John Sherba (Violine), Hank Dutt (Viola) und Jeffrey Zeigler Sunny Yang Paul Wiancko (Cello): das Kronos Quartet, eines der erfolgreichsten Streichquartette der modernen klassischen Musik (oder auch E-Musik, wie wir Deutschen gerne sagen).

David Harrington spielte in einem kanadischen Orchester, um der Wehrpflicht zu entgehen. Als der 22jährige 1973 zurück in seine Geburtsstadt Seattle (Heimat von Jimi Hendrix und Kurt Cobain) kehrte, hörte er eines nachts George Crumbs musikalische Reaktion auf den Vietnamkrieg "Black Angels" im Radio. Völlig eingenommen von dieser Musik rief er seinen früheren Studienfreund Ken Benshoof an und zusammen mit "Six Bagatelles" von Webern, dem "Dritten Streichquartett" von Bartók und Benschoof Eigenkomposition "Traveling Music" begann das Kronos Quartet am North Seattle Community College aufzutreten.

Anfangs bestand das Quartett neben Harrington aus Jim Shallenberger, Tim Killian, und Walter Gray. Sie traten anfangs im Bundesstaat Washington auf und spielten Werke von Benschoof und andern Komponisten, die sie um Auftragskompositionen gebeten hatten. Ab 1975 war das Quartett an der Universität in Geneseo, New York ansässig, wo sie den Komponisten Lejaren Hiller, Morton Feldman, Elliott Carter und Iannis Xenakis begegneten, und mit den Violinisten Roy Lewis und Richard Balkin, sowie Michael Jones an der Viola auftraten. Doch Harrington und der Cellist Walter Grey suchten eine Umgebung, die sie mehr in Richtung Neuer Musik fördern würde, und so zogen die beiden 1977 nach San Francisco um.

Mit den neuen Mitgliedern Hank Dutt (Viola) aus Quincy, Illinois und Stipendiat der Indiana University, sowie Greys Ehefrau Ella (zweite Violine) debütiert das Kronos Quartet am Mills College mit einem Programm Musik des 20. Jahrhunderts. Schnell wurde aber Ella und Walter Grey bewusst, dass sich Tourneen, Unterricht und Familie mit 2 Kindern nicht vereinen lassen, und so mussten Harrington und Dutt neue Mitstreiter suchen. Das Stipendiat vom Mills College gab ihnen einen finanziellen Rückhalt, nicht die erstbesten Interessenten in Quartett aufnehmen zu müssen. Dutt erinnert sich an die aus Memphis stammende Joan Jeanrenaud, die an der Indiana University Jazz, Komposition und Cello studiert hatte und mit Dutt in einem Quartett gespielt hatte. Sie brach sofort ihre Zelte in der Schweiz ab und flog nach San Francisco. Zur gleichen Zeit traf auch John Sherba ein, den Harrington auf Empfehlung eines Freundes in Milwaukee angesprochen hatte, und der dort an der University of Wisconsin bereits mit 16 Jahren zusammen mit seinem Bruder als Duo Neue Musik gespielt hatte. Die Chemie zwischen den Vieren stimmte von Anfang an.

1978 war keine gute Zeit für Streichquartette. Das Repertoire des Kronos Quartets bestand aus den Klassikern Schönberg, Bartók, Debussy, Ravel, Ives, Shostakovich, Prokofiev und Carter, doch zeitgenössische Komponisten interessierten sich kaum für Streichquartette. Harrington aber sprach ausgerechnet Terry Riley an, der seit über 10 Jahren keine Musik mehr niedergeschrieben hatte und nur noch indische Musik von Pandit Pran Nath studierte. Diese Begegnung erwies sich für alle Beteiligten als Glücksfall und forderte das Kronos Quartet weit über die Grenzen akademischen Musikverständnisses hinaus.

Auch in andere Richtungen streckten Kronos Quartet ihre Fühler aus. 1980 fanden sich "Purple Haze" von Jimi Hendrix und James Browns "Sex Machine" in ihrem Repertoire, sowie Aufritte im Gefängnis von San Quentin und eine Performance mit einem Roboter namens Elvik. Das klassische Repertoire verschwand nun aus dem Programmen ihren Auftritte, dafür kamen mehr und mehr Auftragskompositionen u.a. von Elliott Carter, Morton Feldman und Witold Lutoslawski. Es folgten Auftritte in Europa und 1985 der Vertrag mit Nonesuch Records. Mehr und mehr Musik von außerhalb des westlichen Kulturkreises kam hinzu, weltweite Tourneen, Preise und Journalisten, die zuerst auf Kleidung und Haarschnitt schauten. Heute sind Kronos Quartet ein nicht mehr wegzudenkender Bestandteil der modernen Musik, der längst alle kulturellen Grenzen gesprengt hat - soweit die Hörer bereit sind, mit offenen Ohren auf ihre Musik einzugehen.

1999 legte Joan Jeanrenaud ein Sabbat-Jahr ein, um Abstand von 20 Jahren Tourneen mit dem Kronos Quartet zu gewinnen. In dieser Zeit reifte ihr Entschluss, neue künstlerische Wege als Solokünstlerin und in der Zusammenarbeit mit anderen Musikern einzuschlagen. Sie beschäftigte sich mit Komposition, Improvisation, Elektronik, Video und Multimedia-Performances. 2001 hatte ihr abendfüllendes Multimedia-Werk "Metamorphosis" Premiere. Im gleichen Jahr entstand auch "Ice Cello", eine 4stündige Installation inspiriert von der Fluxus-Künstlerin Charlotte Moorman.

Jeanrenaud Nachfolgerin war Jennifer Culp, seit 1999 in der Livebesetzung des Kronos Quartets und zum ersten Mal auf der CD "Kronos Caravan" zu hören. Es folgten neben jährlich etwa 100 Konzerten das Projekt "Sun Rings", eine Multimedia-Performance mit Musik von Terry Riley, basierend auf Tonaufnahmen von Satelliten aus dem Weltall, sowie "Under 30 Project" mit Beiträgen von Komponisten unter 30 Jahren. Jennifer Culp verlies das Kronos Quartet im Sommer 2005, um sich ganz ihrer Lehrtätigkeit am San Francisco Conservatory of Music zu widmen. Ihr Nachfolger war Jeffrey Zeigler, ihm folgte 2013 Sunny Yung, ihr Nachfolger ab 2023 ist Paul Wiancko. Mit Ende der Konzertsaison 23/24 ziehen sich die Langzeit-Mitglieder Hank Dutt und John Sherba zurück. Ihre Nachfolgerinnen werden Gabriela Díaz und Ayane Kozasa.

www.kronosquartet.org


David Harrington / John Sherba / Hank Dutt / Paul Wiancko
Kronos Quartet & Friends Meet Sun Ra: Outer Spaceways Incorporated (2024, Bandcamp)
enthält:
"Outer Spaceways Incorporated"
"Maji"
"Daddy's Gonna Tell You No Lie"
"Images Suite (Images / Horoscope / Ancient Aiethopia / Interstellar Low Ways)"
"The Furthest Out Things"
"Black Body Radiance"
"Kiss Yo' Ass Goodbye"
aufgeführt von Kronos Quartet mit Georgia Anne Muldrow, Jlin, Laraaji, Laurie Anderson, Marshall Allen, Steven Bernstein, Briggan Krauss, Tony Scherr, Kenny Wollesen, Doug Wieselman, Nicole Lizée, Zachary James Watkins, Corey Fogel, Raffi Garabedian, Terry Riley und Sara Miyamoto
David Harrington / John Sherba / Hank Dutt / ***
Ge Gan-Ru: Ge Gan-Ru's Chamber Music (Jahr unbekannt, Pengo)
enthält
Ge Can-Ru: "Fu - String Quartet No.1 (Prose Poem) (1983)"
aufgeführt von Kronos Quartet

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