LABELSTORY: WHAT'S SO FUNNY ABOUT |
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URGESTEIN SEINE Firma laviert er seit den späten siebziger Jahren unerschütterlich am Bankrott vorbei: Die Moden verschwinden, Hilsberg bleibt. Obwohl er Uneingeweihten gegenüber mit einer knarzigen Griesgrämigkeit zum Selbstschutz auftritt, ist er in Wahrheit ein hellwacher Idealist, der an der Avantgarde-Rockmusik überhaupt und an seinen Bands besonders hängt. Schwarze Jeans und schwarzes Jackett sind Berufskleidung und Erkennungszeichen zugleich - Hilsberg trägt niemals etwas anderes. Noch vor kurzem spöttelten Branchenkenner, der Label-Chef erledige seine Geschäfte vom heimischen Bett aus - doch neuerdings sei Hilsberg "sehr straight" geworden und schon mittags im Büro zu erreichen. What's So Funny About residiert gemeinsam mit dem konzeptionell verwandten Label Strange Ways im höchsten Stockwerk eines Altbaus, nah beim Hamburger Rathaus. Im Parterre wird Tropenbekleidung verkauft und in den oberen Räumlichkeiten exotische Musik: "Mainstream" ist hier ein Begriff, dessen bloße Erwähnung Heiterkeit auslöst. Womöglich konnte Alfred Hilsberg im letzten Jahr seine Müdigkeit überwinden, als er mit den Alben "Ich-Maschine von BLUMFELD und "Reformhölle" von CPT. KIRK &. zwei Werke veröffentlichen konnte, die von der Kritik einhellig gefeiert wurden. Während "Reformhölle" allerdings nur bescheiden verkauft wurde, konnten von "Ich-Maschine mehr als 10 000 Exemplare abgesetzt werden - ein Triumph für die Label-Politik. Jochen Diestelmeyer, der furiose Feuerkopf und Lyriker von BLUMFELD, hält Hilsberg trotz lukrativer Industrie-Angebote die Treue - er will das System mit seinen eigenen Mitteln bekämpfen. Jeder Bericht in der "Bravo" ist ein gewonnenes Gefecht gegen das Gesamtrocktrotteltum. Die Krise begann: "Wir standen", so Hilsberg, "vor einem Scherbenhaufen und hatten nur Schulden. Die Vertriebsfirmen verspekulierten sich - und dann kam ich glücklicherweise zu EFA. Die haben mich bis heute gestützt, obwohl es wirtschaftlich alles andere als rosig war und ist. Dennoch: Ohne EFA wäre vieles nicht zustandegekommen." Schon früh veröffentlichte Hilsberg die Platten des späteren Kult-Labels SST, auf dem die Meisterwerke von HÜSKER DÜ und DINOSAUR JR erschienen. "1984 brachten wir zum Beispiel die erste LP von Henry Rollins heraus", erinnert sich Hilsberg. Wichtiger als die Spaßmusik sei ihm immer das gewesen. was als "politisch korrekt" gelten kann, wie er mit ordentlicher Ironie anmerkt. "Die meisten Gruppen sind nicht so angelegt, daß sie damit Geld verdienen wollen oder müssen", erläutert Hilsberg. "Es sind eher Freizeitbands - was ja auch oft beklagt wird. Wenn es Sinn haben soll, dann müssen die Gruppen zu hundert Prozent dabei sein. Ich bin da sehr vorsichtig geworden: Wir müssen heute viel professioneller arbeiten als früher." Immerhin erfährt das Label wohlwollende Unterstützung von großen Teilen der Szene- und Musikpresse - bisweilen sei die Verbindung "inzestuös", so Hilsberg. Doch das Engagement für WHAT'S SO FUNNY ABOUT ist berechtigt, denn Hilsberg veröffentlicht niemals Schrott. Der böswilligen Unterstellung, er habe einen Hang zum Gruftrock, wirkte er mit der Verpflichtung von BLUMFELD, CPT. KIRK &. sowie der BILLARDKUGEL entgegen. Seit Jahren betreut er den GUN CLUB in Deutschland - "auch deshalb, weil ich mit Jeffrey Lee Pierce befreundet bin". Arne Willander |
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zz1 - zz25 / zz26 - zz70 / zz75 - zz185 / zz190 - zz2009 / zz2010 - zz2999 / zz8000 - ZwickZwack01 / Interview / Labelstory
saved u.a. from: http://www.t3.rim.or.jp/~hiromatu/d_zickzack/zick01.html, sowie unter Mithilfe von Patrick Laschet, Reinhard zur Heiden und Kaoru Koyanagi / besucht auch www.wsfa.de © 2006 Martin Fuchs - Alle Rechte vorbehalten! Inland / Information Overload |