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Glenn Branca Biographie | |
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Glenn Branca, geboren 1948 in Harrisburg, Pennsylvania/USA, aufgewachsen mit dem Lärm von Patti Smith, Ramones und Television auf, sowie den künstlerisch wertvollen Geräuschen Karlheinz Stockhausens und den mikrotonalen Werken von György Ligeti und Krzysztof Penderecki, studierte zuerst Theaterwissenschaften am Emerson College in Boston, wo er bereits mit verschiedenen Formen des Musiktheaters herumexperimentierte. Nach seinem Studienabschluss gründete Branca 1977 die Bands THEORETICAL GIRLS und 1978 THE STATIC, die beide Teil der New Yorker "No Wave"-Szene wurden und sich wegen ihrer unnachgiebigen Lärmattacken sich eine große Anhängerschar erspielten. Danach landete Glenn bei dem von LaMonte Young inspirierten Komponisten Rhys Chatham, der an einer Fusion avantgardistischer Kompositionstechniken mit Punk arbeitete und dazu die 15-minütige Lautstärkenübung "Guitar Trio" für 3 Gitarren, Bass und Schlagzeug geschrieben hatte. Diese Idee inspirierte Branca und so tourte er schon 1979 selbst mit seinem ersten GLENN BRANCA ENSEMBLE in der Besetzung 4 Gitarren, Bass und Schlagzeug durch Museen und Galerien. Der Erfolg des GBE veranlasste Branca, nur noch als Komponist zu arbeiten und eine ganze Symphonie für 9 Gitarren, 3 Keyboards, 4 Hörner und Schlagzeug zu komponieren. Die so entstandene "Symphony No. 1" fand begeisterten Zuspruch und so begann Branca sich an anspruchsvolleren Werken zu versuchen. "Symphony No. 2" ist dann auch wesentlich ausgereifter und beginnt mit einem über 20-minütigen Satz voller "Drones" (die deutsche Übersetzung von drone: dröhnen/brummen vermag den Charakter eines solchen nicht auf Melodie, sondern auf Sound (Klangfarben) aufbauenden repetitiven, scheinbar monotonen, jedoch einen hypnotischen Effekt erzielenden Kompositionsstils nicht zu erfassen), die sich langsam zu einem gewaltigen, in Brancas Worten "heiligen" Gipfel emporschwingen. Dieses Stilmittel, in der ersten Symphonie bereits angedeutet, wird zu einem Markenzeichen von Branca. Die zweite Symphonie, geschrieben für Schlagzeug, Perkussion, Bass und 8 Gitarren, führte auch erstmals die von Branca selbst entwickelten "mallet guitars", am besten übersetzt mit "Klopfgitarren" ein. Diese basiert auf einer mit Schlegeln gespielten Dulcimer, die mit E-Gitarren-Saiten bespannt, mit elektrischen Tonabnehmern versehen und elektrisch verstärkt wird. Der Musiker bewegt auf den Saiten ein Slideeisen (eine Technik bekannt aus hawaiianischer Musik und Blues), was bei sauberen Spiel einen langanhaltenden glockenartigen Ton mit fast keinen Anschlagsgeräuschen ergibt. Damit lassen sich die bei elektrischen Gitarren üblichen Saitenanschlagsgeräusche und das geringe Sustain vermeiden. Normalerweise spielt ein Musiker 3 oder 4 Klopfgitarren, die aufeinander abgestimmt einen größeren Tonumfang ergeben. Branca bevorzugt diese Spieltechnik gegenüber der Tonerzeugung mit Hilfe der Bünde des Instruments, da die offenen gespielten Saiten im Gegensatz zu den gegriffenen einen farbigeren Klang erzeugen. Auch ist so der Schritt zu anderen Stimmungen der Instrumente viel einfacher. Neben Brancas eigenem Schlagzeuger Stephan Wischerth präsentierte die zweite Symphonie auch den Percussionisten Z'ev an Pauke und Metallteilen. Üblicherweise überlässt Branca das Schlagzeugarrangement dem Schlagzeuger und Wischerths einfacher, wiedererkennbarer Stil (er benutzt fast nie Becken, und wird von seinen Mitmusikern oft "Der Klopfer" genannt) ausgezeichnet mit den Gitarrengewitter harmoniert, aber nie von deren Höhepunkten ablenkt. Zudem ist er ein Blitzableiter für Brancas Stimmungen und unvorhersehbare Wutausbrüche, die an Wischerths fröhlicher Natur einfach abprallen. Da Wischerth der einzige Musiker ist, dem Branca laut Ensemblemitglied Tim Sommer nicht haarklein vorschreibt, wie er zu spielen hat, drückt Branca sein Missfallen über Wischerths Beiträge dadurch aus, "dass er was immer in seiner Nähe ist (Stühle, Flaschen, Notenständer, usw.) nach Stephan wirft." Danach entschloss sich Branca so wie andere zeitgenössische Komponisten, auf die übliche, mehrere hundert Jahre alte wohltempertierte Stimmung der Instrumente zu verzichten. Seine Experimente mit alternativen Stimmungen führten ihn zu der sogenannten natürlichen harmonischen Reihe. Diese wird in seiner dritten Symphonie, untertitelt "Musik für die ersten 127 Intervalle der harmonischen Reihe", erforscht. Das Werk bot aber auch wieder den rauhen, katharsischen Höhepunkt, den seine Verehrer inzwischen immer wieder erwarteten. Glenn Branca liebt den Klang freischwingender (offener) Saiten, doch um den gesuchten Klang für die dritte Symphonie verwirklichen zu können hätte er 150 Gitarristen gebraucht. Daher entwickelte er mit dem Instrumentenbauer David Quinlan zusammen mehrere Harpsichord-ähnliche Instrumente, denn das Harpsichord braucht Gitarrensaiten, und sie werden gezupft, "also ist es, sehr merkwürdig, eine mit Tasten zu spielende Gitarre", so Branca gegenüber Ted Greenwald vom "Keyboard Magazine" (Januar 1987). Das so eigens für die dritte Symphonie entwickelte Keyboard spielt in der tiefsten Oktave nur eine Note, in der nächsten 2 Noten, in der dritten Oktave 4 Noten, dann 8, 16, 32, und schließlich in der höchsten Tonlage werden 64 einzelne Tonschritte in der Oktave benötigt, was völlig neue Anforderungen an die Proportionen des Instruments hinsichtlich der Saitenlänge stellt. Der interessanteste Aspekt von Brancas Instrument ist jedoch die Beziehung von Saitenanschlag und Tonabnahme. Jede Saite wird durch einen Metallsteg in der Mitte des Instruments geteilt. Wird eine Saite angeschlagen, so nimmt der Pickup die Schwingen der Saite jenseits des Steges auf. Laut Branca sind die Schwingungen, die übertragen werden, mit den angeschlagenen Teil der Saite verbunden: "Dadurch hört man nicht den Grundton, sondern reine Harmonien. Man erhält eine Art Geisterklang, sehr nachhallend, reich an Obertönen und ohne Anschlag." Eine andere Entwicklung Brancas ist eine von Quinlan als 'Geigenwerk' getaufte Einrichtung: eine papierdünne, rotierende Lederscheibe, die abhängig vom Tastendruck mal stärker, mal schwächer die Saiten reibt: "Die Scheibe berührt die Saiten in einer Weise, die unglaublich zart ist, fast wie eine Feder, und erzeugt dabei unvorstellbar reiche Harmonien." Das Keyboard ist auch Teil der vierten Symphonie, die bisher noch nicht auf Tonträger erhältlich ist. Die Firma Atavistic, die Brancas Werke seit kurzem wiederveröffentlicht, will eine Box mit allen bisherigen Symphonien herausbringen, was aber bisher daran scheiterte, dass Branca keine Aufnahmen der vierten und siebten Symphonie hat, die seinen Ansprüchen genügen. Da aber Branca mit beiden Symphonien ausgiebig in Europa aufgetreten ist, und die Konzerte wiederholt von Radiosendern aufgezeichnet wurden, besteht die Chance, dass eine dieser Aufnahmen doch noch freigegeben werden kann. Atavistic hat auch aus dem bisher nicht dokumentierten Zeitraum zwischen der dritten und sechsten Symphonie von 1983 bis 1988 eine Aufnahme der fünften Symphonie von 1984 veröffentlicht. Dieses Werk für sechs elektrische Gitarren, ein Klopfgitarre, zwei Bässe, zwei Keyboards und Schlagzeug führt neue Klangfarben durch die verstärkte Violine von Hahn Rowe ein. Die Bassgitarren in diesem Werk zeichnen sich übrigens dadurch aus, dass sie mit auf einen Ton gestimmten Klaviersaiten bestückt waren, und laut Tim Sommer ihm jeden Abend blutige Finger bescherten. Zwischen der fünften und der sechsten Symphonie veröffentlichte Branca die Platte "Music for Edmond" mit kurzen Stücken zwischen 30-Sekunden- und 2-Minuten-Länge, zumeist kleine Exkursionen in Textur und Lärm, eingespielt mit dem bis dahin kleinsten Gitarrenensemble. 1986 schrieb Branca dann "In Passions Tongue", ein Opernfragment für Streichorchester, sowie Musik für Peter Greenaways Film "Der Bauch des Architekten". Die sechste Symphonie wird von vielen als Brancas ausgereiftestes Werk für Gitarre angesehen. Geschrieben für 10 Gitarren, Bass, Schlagzeug und die auf dem Schallplattencover nicht erwähnten Keyboards präsentiert sie Brancas Gitarrenensemble in fast formvollendeter Raserei. "Es gibt bestimmte Gitarren, die ich wegen ihrer sehr speziellen Klangcharakteristik nicht benutze, wie Rickenbacker, Telecaster oder Les Paul. Ich will nicht, dass eine Gitarre aus dem Ensembleklang heraussticht. Also lande ich zumeist bei namenloser taiwanesischer Massenware. Ich suche Gitarren mit möglichst gleichmäßigen Klang, bei denen keine Frequenzen hervorstechen." "Ich benutze auch keine Gitarrenverstärker mit eigenem Klang, also niemals Marshalls. Ich ziehe zumeist einen klaren Fender Twin Reverb-Klang vor, doch es gibt eine Reihe von anderen Verstärkern wie z.B. Peavey, die auch diese Art neutralen Klang haben. Erst kürzlich habe ich angefangen mit Verzerrern zu arbeiten. Früher ging es immer nur direkt in den Verstärker. Um ehrlich zu sein bin ich auch mit dem Twin-Klang nicht zufrieden, also gibt es tatsächlich keinen Verstärker, mit dem ich glücklich werden kann." "Ich bin stark am Anschlagsklang interessiert und hätte gerne mehr davon als ich manchmal bekommen kann. Ein klarer Anschlag am Anfang einer Note, das ist es was mir an Gitarren gefällt und was ein Orchester absolut nicht kann, und das ist möglicherweise der einzige Grund, falls es überhaupt einen gibt, warum ich noch mit Gitarren arbeite. Du kriegst einen rhythmischeren Klang, einen viel klareren Anschlag an Anfang der Note als mit irgendeinem Orchesterinstrument. Was alle anderen Klangaspekte betrifft, so ist für mich die Gitarre jedem andern Orchesterinstrument deutlich unterlegen." Inzwischen hat sich Branca daran gewöhnt, für Symphonieorchester zu komponieren, wie seine siebte Symphonie zeigt, von der das Fragment "Freeform" zusammen mit der neunten Symphonie auf CD erschienen ist. Die achte und die zehnte Symphonie dagegen sind wieder für Gitarren geschrieben, verzichten jedoch ebenso auf die üblichen euphorischen Höhepunkte, bzw. nehmen Ausschnitte aus diesen und dehnen sie zu einer flimmernden Welle aus. Es gibt keine Anstieg, keinen Höhepunkt, keinen Ausklang, nur ein einzelner musikalischer Augenblick so weit wie möglich ausgebreitet. Besonders deutlich wird dies in der neunten Symphonie, einem satzlosen Werk über 45 Minuten Länge. Die Gitarren bei den Sinfonien Nr.8 und Nr.10 sind auf E gestimmte Oktav-Gitarren, die mit Paaren von je 2 Saiten in 3 Oktaven bespannt sind. Davor waren die Gitarren mit 2 Sätzen von je 3 Saiten bespannt, zwischen denen eine Oktave lag. Die Sopran-Gitarre war auf H gestimmt, die Tenor-Gitarre auf E und die Alt-Gitarre auf G. Die bei der EXPO 1994 in Sevilla, Spanien erstmalig aufgeführte und bisher nicht aufgenommene Komposition "Guitars D'Amour" war dagegen bisher das einzige Werk Brancas für Gitarren in normaler Stimmung. Der Bass in Brancas Ensemble ist zumeist normal gestimmt außer bei "The Final Problem", dem ersten Satz der zehnten Symphonie, wo Bass und alle Gitarren eine "mikrotonale Variation von Brancas Standartstimmung" verwenden. (Was auch immer das bedeuten mag...) Was die Zukunft in Brancas Schaffen bringen wird ist offen. Die elfte Symphonie für Gitarrenensemble und Orchester ist erschienen, ebenso die zwölfte, die vom GBE, derzeit bestehend aus 8 Gitarren, Bass und Schlagzeug, am 31.10.1998 im Barbican Centre in London, England aufgeführt wurde. Branca arbeitete zuletzt an HALLUCINATION CITY, einer Symphonie für 2000 Gitarren, die im Jahr 2000 in Frankreich uraufgeführt werden sollte. Branca damals über das Konzept: "Die Musik wird einer massiven Klanghalluzination gleichen, einem Schallfeld, resultierend aus akustischen Phänomenen und Harmoniewolken. Am Inneren dieses Feldes taucht eine Art Umkehrung von "Phantomtönen" auf: Chöre, Orchester und die Musiken vieler Kulturen, alle gleichzeitig spielend, aber vereint in einem Klang. Ein Song, der anders nur in Träumen existieren könnte. Tatsächlich wird die Musik, die die Öffentlichkeit hört nicht dem gleichen, was ich geschrieben habe, jedoch einer Musik, die die Hörer selbst erschaffen, ein Werk, dass sie erträumt haben, einem musikalischen Tagtraum. Wenn es ein Werk gäbe, dass das unbewusste Kollektiv ausdrücken könnte, so sollte es sicher ein Werk sein, dass mit uns zusammen träumt." "In meinen Werken, wie unter anderem "Indeterminate Activity of Resultant Masses" (Unbestimmte Aktivität der resultierenden Massen)", "Tonal Plexus" und "Gloria", habe ich in den letzten 20 Jahren Techniken entwickelt, die es möglich machen, diesen Klang zu erschaffen. Bei meinem Besuchs am Institut für harmonische Forschung in Wien entdeckte ich das wenig bekannte "Lehrbuch der Harmonik" von Hans Kayser, in dem er seine Arbeit an der harmonischen Serie beschreibt, der er sein ganzes Leben widmete. Dieses Buch bestätigte meine eigenen Theorien hinsichtlich der harmonischen Serie, psycho-akustischen Phänomen und Klanghalluzinationen. Dane Rudhyar stellte sich solch einen Klang in seinem Buch "Die Magie des Tones und die Kunst der Musik" vor und verwendete den Begriff "pleroma", um diese neue Form von Musik zu beschreiben." "Obwohl Rudhyar und Kayser Vordenker waren, so fehlten ihnen doch die Mittel, diesen Klang in ihrer eigenen Musik zu verwirklichen. Zu der Zeit als sie komponierten war die elektrische Gitarre noch kein funktionierendes Werkzeug. Jedoch ist es heute mit der elektrischen Gitarre möglich, diesen reichen Körper an natürlicher Harmonik zu erschaffen. Und mit einer massiven Ansammlung von Gitarren und den Effekten der gegenseitigen Auslöschung können die dadurch entstehenden und kombinierten Klänge solch ein Klangfeld erschaffen, in diesem konkreten Fall ein riesiges Klangfeld. Ein Werk in der Dimension von HALLUCINATION CITY wird dieses Phänomen in einer Weise erschaffen wie es bisher noch nie in der Musik möglich war." Das Projekt wurde jedoch leider abgesagt (wie gerne hätte ich daran teilgenommen!), ein Jahr später gab es dann eine Aufführung mit "nur" 100 Gitarristen. glenn branca: the official web site .... a work in progress - die offizielle Webseite von Glenn Branca | |
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2001,2005 Martin Fuchs - Alle Rechte vorbehalten! Updated 28.11.2005 | |
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