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Robert Lyng
"Die Praxis im Musikbusiness" (PPV Presse Project Verlags GmbH, München 1995)
Jürgen Stark
"Überlebens-Kunst" (Zebulon Verlag, Düsseldorf 1995)

Ob Ratgeber für das Musikbusiness ein gutes Geschäft für Verlage sind weiß ich nicht. Die meisten Bands, die anfangen, Musik zu machen, hoffen doch, daß eine gute Fee in Form eines A&R-Mannes oder eines Managers vorbeikommt und ihnen die goldenen CDs vor die Übungsraumtüre stellt, ohne daß die Band jahrelang die Ochsentour machen muß. Leider sieht die Wirklichkeit ganz anders aus, und wer von der Musik leben oder zumindest nicht draufzahlen will, der müßte eigentlich für jeden guten Rat dankbar sein. Daher hier 2 Bücher, die einem helfen können, nicht in die allzu offensichtlichen Fallen des Rockbiz zu laufen.
1990 erschien erstmals Robert Lyngs Buch "Die Praxis im Musikbusiness". Jetzt liegt eine überarbeitete Neuauflage dieses Fachbuches vor, und wieder kann man es nur empfehlen. Zwar ist der Aufbau etwas trocken, und die meisten von Euch werden wohl gleich bei den Kapiteln 8 oder 12 einsteigen, wo es um Platten- und Managementverträge geht, während z.B. die Kapitel über GEMA, Musikverlage, Vertrags- ‚ Arbeits-, Steuer- und Sozialrecht erstmal Gefahr laufen, überblättert zu werden. Doch Lyng schreibt leicht verständlich und versteht es, die teilweise trockene Materie durch Hintergrundinformationen aufzulockern. Zudem fällt die deutlich verbesserte Gestaltung der Neuauflage auf, die das Buch lesefreundlicher macht. Und der Band ist erweitert worden um Ausführungen über Namensrecht, Produzentenverträge, die Kunst der Verhandelns, Vertriebs- und Herstellungsverträge und Merchandising, während die Kapitel über Konzerte, Rechtsform einer Band und Platten- und Managementverträge überarbeitet wurden. Somit ist die Neuauflage auch für alle diejenigen interessant, die die Erstauflage schon länger kennen und benutzen.
Einen ganz anderen Ratgeber hat Jürgen Stark geschrieben. Er läßt für seine "Tips & Tricks für Musiker" die Beteiligten des Musikgeschäfts direkt zu Wort kommen: Musiker, Musikerverleger, Programmdirektoren, Steuerberater, Produzenten und Mitarbeiter von Plattenfirmen geben lebendig und manchmal auch satirisch Auskunft über Ihre Erfahrungen im Business und was den hoffnungsvollen Nachwuchs so weiterhelfen und interessieren könnte. Auch wenn die Antworten von Dieter Gorny und Hans Scherer (Programmdirektor von R.SH) nicht unbedingt die Realitäten bei Fernsehen und Radio genau beschreiben, so ist trotzdem dieser Blick hinter die Kulissen interessant, denn nur wer den Alltag eines A&R-Mannes (leider kommen Frauen in dem Buch kaum vor) kennt, versteht, warum bestimmte Wege, eine Demokassette zu platzieren einfach schief gehen müssen. Und wenn dein Bruder auch Grafiker ist, eine ultradicke Präsentationsmappe macht genauso einen schlechten Eindruck wie Klarsichthüllen in der Bewerbung beim Arbeitgeber. Insgesamt also ein Buch, daß eigenen Gedanken über die Zukunft deiner Musik auf die Sprünge hilft.
(Zuerst erschienen in ROCKNEWS Rockmagazin für Hannover und Niedersachsen Nummer 44, Hannover, Februar 1997)

Bruno Hefeneger/Gerd Stüwe/Georg Weigel
"Punks in der Großstadt Punks in der Provinz" (Leske + Budrich, Opladen 1993)

Lesen Punker/Punks/Punx Bücher? Wahrscheinlich nicht, weil Bücher lesen mit dem üblichen Lebensstil - egal ob selbstgewählt im Sinne von selbstbestimmt, oder angenommen im Sinne von die Rollenvorstellungen und Klischees erfüllen, die andere, und zwar egal ob Punx (als Vorbilder) oder Spießer (als Vorurteil und Diskriminierung), an eineN herantragen - nicht so recht zusammenpassen, besonders dann, wenn sie über Bildzeitungsartikellänge und -niveau hinausgehen (Fettnäpfchen!). Genau, interessiert mich/Euch/uns eigentlich, was andere über uns denken, wenn das dazu zwingen könnte, Kurskorrekturen auch nur anzudenken? Solange die Presse der "Mitte", die in Wirklichkeit rechts steht und statt Nachrichten Haß verbreitet, das äußere Eigenbild der Punx (wie wollen wir draußen von den Spießern erlebt/gesehen werden) spiegelt, ist das okay (das ist ja auch die Funktionsweise des CHC/ZAP). (CHC ist der Cannibal Home Channel, der Internet-Propaganda-Arm der Chaostage 1995/96; ZAP ist ein inzwischen eingestelltes Fanzine, daß sehr aktiv war in der Propagierung der Chaostage 1994-96; die Agitation beider Medien war identisch und möglicherweise auch die Beteiligten) Aber wenn dann jemand kommt und sagt z.B., daß Bürger nichtdeutscher Herkunft das Auftreten von Punx wie Herrenmenschentum und typisch doitsch erleben, dann werden Prügel angedroht (Sag Du noch einmal Faschist zu mir!) anstatt darüber nachzudenken und sich zu fragen, was da passiert, und was punk tun könnte, daß das antifaschistische Selbstbild auch tatsächlich außen so wahrgenommen wird (vielleicht wird das deshalb nicht getan, weil punk sich dann vielleicht eingestehen müßte, daß es mit den eigenen Antifaschismus garnicht so weit her ist...).

Dazu übrigens eine kleine Geschichte: Nach den Chaostagen 95 (klar, wann sonst?!) gab es von der SPD (unglaublich, aber wahr!) eine Veranstaltung (Titel habe ich vergessen) zu den Ereignissen, wo alle (!) teilnehmen konnten. Sowas sich anzuhören ist immer interessant, weil mensch da erfährt, wie andere einen (also punk) so wahrnehmen. Unter anderem sagte dort ein alter Sozialdemokrat, daß ihn z.B. Lederjackenaufschriften wie "Deutschland verrecke" erschreckt hätten, weil das Nazi-Jargon sei, und er sich dadurch persönlich bedroht gefühlt habe. Das hat einige der anwesenden Punx dann doch betroffen gemacht und einer sagte, er sei doch garnicht gemeint gewesen, sondern das richte sich nur gegen Nazis, woraufhin der alte Sozialdemokrat sagte, wenn da noch die Faust, die das Hakenkreuz zerschlägt, so mit auf der Jacke gewesen wäre, dann wäre das auch ihm klar gewesen, aber so hätte er einfach noch an den selbsterlebten Naziterror denken müssen. Also Punk, höre meine Worte: wenn Du etwas sagen willst, dann sage es so, daß derjenige, den es erreichen soll, es nicht falsch verstehen kann. (Dies ist auch der Grund, weshalb ich die Diskussion über political correctness für Punk wichtig finde!)

Was hat das aber nun mit diesem Buch zu tun? Dieses Buch ist nicht von Punx für Punx geschrieben, sondern - oh Graus! - von Sozialarbeitern für ihresgleichen. Gekauft habe ich es mir, um mich an der möglichen Dummheit anderer zu erfreuen und weil es nur noch den halben Preis gekostet hatte, und ich gestehe, daß ich auch viele Sätze nur halb verstanden habe, was aber daran lag, daß ich es nicht völlig konzentriert durchgelesen habe - was aber auch nicht in meiner Absicht lag. Wie gesagt, es ist interessant zu erfahren, wie Punk außerhalb der eigenen Kreise wahrgenommen wird, und punk kann über Sozialarbeiter und ihre Ziele und Absichten denken was punk will, es ist nicht zu bestreiten, daß Sozialarbeiter zur Beobachtung des Verhaltens von Punx gut ausgebildet sind.

Das Buch beschreibt zwei Projekte im Umgang von Sozialarbeitern mit Punx, und zwar in Frankfurt und Fulda, wobei insbesondere die Darstellung des Verhaltens der Punx in der zeitlichen Entwicklung interessant ist. Das Buch beginnt aber mit eher theoretischen Ausführungen über die Rolle von Jugendkulturen (daß sie die Rolle der Familie beim Übergang vom Kind zum Erwachsenen übernommen haben, weil die Familie nicht mehr in der Lage ist, den Prozeß der Identitätsstiftung zu unterstützen), und von Punk selbst und innerhalb der Jugendkulturen selbst. Banal sind Feststellungen wie daß Punx "z.B. ohne erkennbaren Grund von der Polizei angehalten, durchsucht oder auch mit auf die Wache genommen werden", aber es ist immer gut, das auch mal von Nicht-Punx zu hören, weil das die eigene Paranoia rationalisiert (die Autoren betonen immer wieder den Wirklichkeitssinn der Punx)!. Oder daß die Punx "Ende der 80er Jahre und Anfang der 90er zur dritten Generation gehören; sie sind Nachfolger der alten Punks von 1977/78 und deren Nachfolger in der ersten Hälfte der achtziger Jahre. Sie sind beeinflußt und eingebunden in die Prozesse von Trivialisierung, medialer Vermittlung, kommerzieller Vereinnahmung des jugendkulturellen Lebensstiles" - mein Reden seit der Vertreibung aus dem Paradies.

Interessanter sind Beschreibung wie die, daß der heutige Jugendtyp der der "Postmoderne" sei, nur interessiert an individueller Selbstdarstellung, nicht mehr auf der Suche nach personalen und gesellschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten oder einem gemeinsamen Lebensgefühl. Weil Punk eben noch eine "umfassende Lebenshaltung, der bestimmte Werte und Normen zugeordnet sind und über die nahezu alle Lebensbereiche definiert werden", sei, sei Punk quasi jugendkulturell konservativ, ein "Fossil vergangener Zeiten". Dem würde ich aber entgegenhalten wollen, daß Punk im Gegensatz zu den anderen alten Jugendkulturen nie eine positive Gruppenidentität entwickelt hat, sondern sich immer in Abgrenzung zu anderen definiert hat (Differenz?!). Das ermöglicht(e) eine ständige Wandlungs- und Anpassungsfähigkeit über Jahre hinweg und somit die immer noch bestehende Aktualität von Punk im Gegensatz zu den anderen alten Jugendkulturen, wie Mods, Hippies, Psychobillies, Biker usw.. Das war 1977 das Neue an Punk und ist es immer noch, aber "postmodern" im Sinne der Auflösung des Zusammenhangs von Form und Inhalt (Dekonstruktion?!) und bloßer Anhäufung von Zitaten zur Selbstdarstellung, das ist Punk dann doch (noch?) nicht. Also ist Punk insofern einmalig.

Der Projektbericht aus Frankfurt ist der bessere von beiden, weil verständlicher geschrieben (weniger Soziologendeutsch) und weniger "sozialarbeiterischer Anspruch" der/des Autoren. Erzählt wird die Geschichte einer Gruppe von Punx, die von Wohnungslosigkeit bedroht waren und schließlich in eine Art Villa ziehen konnten, wobei hier der soziale Träger in das Mietverhältnis zwischengeschaltet war. Interessant, wie übrigens die Mitarbeiter dieses Trägers selbst in diese Rolle hineingeschlittert sind und welches Selbstverständnis sie selbst von ihrer Arbeit mit den Punx hatten (selber nachlesen!). Die Villa mußte renoviert werden und es gab Kämpfe, inwieweit die Punx dies selbst tun sollten oder Hilfe von Außen kommen sollte, doch der anfängliche gemeinsame Enthusiasmus erlahmte (interessant hier auch die Rolle der Frauen innerhalb der Punkergruppe, nachzulesen auf Seite 36 und 46/47), und die gesicherte Wohnsituation führte zu Verhaltensänderungen (typische Punkklamotten werden im Haus immer seltener getragen, nur wenn es nach draußen geht wird wortwörtlich Kriegsbemalung aufgelegt) und einer allmählichen Integrationsbereitschaft. So gründeten 2 Punx eine Transport- und Entrümpelungsfirma, weil sie nicht dauernd von Stütze leben wollten. Dafür braucht mensch ein Telefon, daß nicht dauernd wegen unbezahlter Rechnung gesperrt ist, und hieraus entstanden logischerweise Konflikte mit den anderen in der Gruppe (schade, daß nicht erzählt wird, wie das ausgegangen ist). Ein anderer wollte das Abitur nachholen, brach aber die Abendschule ab, weil ihn das von den gemeinsamen Aktivitäten mit den anderen ausschloß. Eine Lehre brach er auch ab, weil er dadurch wieder Kontakt zur Drogenszene bekam, aus der er froh war herausgekommen zu sein (hier also klar zu erkennen, wie der Widerspruch zwischen ökonomischen Notwendigkeiten und Selbstbestimmung gelebt wird). Das hört sich alles grausam an, aber wer mal selbst in sich hineinhorcht und überlegt, wie Veränderungen der Lebensbedingungen das eigene Verhalten verändern, der wird das alles verstehen können.

Der Bericht über Fulda ist da in vieler Hinsicht sehr ähnlich. Gut ist, daß er erst als zweiter im Buch folgt, weil er schlechter geschrieben ist und daher die Beschreibungen der Situationen das Verhalten der Beteiligten nur verständlich macht, wenn man auf das Vorwissen aus der Frankfurtbericht zurückgreift. Er eignet sich eigentlich nur zur Vertiefung der Beobachtungen, bzw. Abweichungen einer kleinstädtischen Szene zur Großstadt. Weitere Punkte, die mir im Buch aufgefallen sind, sind die Beschreibungen der Beziehungen zwischen Punx und Hunden, Punx und Sanierungsgebieten (deshalb war die Nordstadt Brennpunkt der Chaostage, nicht die Südstadt), sowie die Tatsache, daß in der "Villa" bei 12 Bewohnern gleich 2 Bands existierten (das Thema Musik und ihre therapeutischen Wirkungen, und ob deshalb die selbstgemachte Musik bei Punx so eine hohe Bedeutung im Gegensatz zu anderen Jugendkulturen hat, möchte ich allen Interessierten zur weiteren Bearbeitung anbieten - ebenso, ob Punk tatsächlich eine "Jugendkultur" ist oder was).

Sehr treffend besonders im Frankfurtteil sind die allgemeinen Beschreibungen des Verhaltens der Punx, ihre Art des Auftretens, wie sie die Verachtung der Umwelt als "negative Zuwendung" umdeuten und zur Stützung ihrer eigenen Identität brauchen (fragt Euch selbst mal, was Ihr tun würdet, wenn alle Euch plötzlich toll finden würden?!). Andererseits: "Ein Ausstieg aus der Gruppe würde für sie einen Sturz in die Bodenlosigkeit bedeuten und zu einer totalen Bindungslosigkeit führen." Sehr interessant auch diese Sätze: "Bemerkenswert war jedoch, daß bei zunehmender Stabilität und Sicherheit von einzelnen und der Gruppe insgesamt punkertypische Accessoires und Rituale an Bedeutung verloren. Diese Entwicklung widersprach unserer Annahme einer Beibehaltung oder Modifizierung der Punkergruppenidentität im Projektverlauf und deutet schließlich auf einen Verzicht auf Abgrenzungsverhalten zur Gesellschaft sowie auf eine Integrationsbereitschaft hin."

Und was fangen wir jetzt mit diesem Buch an, außer daß wir uns vielleicht ertappt/demaskiert fühlen? Sollten es andere lesen, damit sie uns/Punk unter den heutigen Bedingungen besser verstehen? Oder wäre es fatal, wenn insbesondere der Polizei von Hannover das Buch in die Hände fiele, weil sie dann - vorausgesetzt sie verstehen es überhaupt, oder eher noch: wollen es verstehen - "besser" mit den Chaostagen und Punk im allgemeinen umgehen könnten? Ich für meinen Teile werde es nur "geeigneten Personen" weiterempfehlen - der Rest mag sich an das immer noch tolle, aber in der Hinsicht "ungefährlichere" Buch von Thomas Lau: "Die heiligen Narren/Punk 1976 - 1986" (de Gruyter, Reihe Materielle Soziologie, Berlin/New York 1992) halten.
(Zuerst erschienen in TESTCARD Beiträge zur Popgeschichte Nummer 3: Sound, Mainz, November 1996)

Ulrich Andryk
"Musiker-Recht - Rechtliche und praktische Grundlagen für Musiker, Texter und Komponisten" (AMA Verlag, Brühl 1995)
Donald S. Passman
"All you need to know about the music business. Special U.K. Edition" (Penguin Books, London 1995)

Jeder, der aktiv Musik macht, kommt früher oder später an den Punkt, wo er rechtlich Rat braucht, sei es, daß ein Veranstalter die Gage nicht zahlen will, sei es, daß es Streit innerhalb einer Gruppe um die Rechte am Namen gibt, oder der Übungsraum gekündigt wurde. Doch genauso wie Rechtsanwälten und Richtern oft die Kenntnis über die Besonderheiten des Musikgeschäftes fehlt, ganz zu schweigen von Rock 'n' Roll, so versteht der durchschnittliche Musiker bei Verträgen und Anwaltschreiben oft nur Bahnhof, schon weil zum Beispiel ein Vertrag für einen Juristen etwas anderes bedeutet als für einen Laien.
Der Rechtsanwalt Ulrich Andryk hat nunmehr den zweiten Versuch unternommen, eine Brücke zwischen diesen beiden Welten zu schlagen, doch so recht gelungen ist ihm dieses nicht. Das Buch "Musikerrecht" ist trocken geschrieben und schafft es nicht immer, die juristische Sprache in Alltagsdeutsch umzusetzen. Auch folgt es den traditionellen juristischen Denkstrukturen, was bedeutet, daß Leser sich die notwendigen Informationen aus dem gesamten Buch zusammensuchen müssen, um bei konkreten Problemen zu Lösungen zu kommen. Obwohl der Laie sich mehr für Konzert- und Plattenverträge interessiert, beginnt das Buch mit dem trockenen Urheberrecht. Unverständlich schließlich, warum als Beispiel für die Abrechnung eines Plattenvertrages ein amerikanisches Beispiel genommen wurde, obwohl es gar nicht direkt auf deutsche Verhältnisse übertragbar ist. Für diejenigen mit juristischer Vorbildung gibt das Buch aber einen sehr guten Überblick über alle Rechtsgebiete, die für Musiker wichtig werden können, auch wenn es ein wenig an Perspektiven über die derzeitige Rechtslage hinaus fehlt, oder das Ausloten von Vertragsgestaltungsmöglichkeiten. Am besten, man/frau schenkt das Buch einer/einem Juristin/ Juristen in seinem/ihrem Bekanntenkreis und läßt sich dann den Inhalt erklären/übersetzen. So haben beide etwas davon.
Daß es auch anders geht, zeigt der amerikanische Anwalt Donald S. Passman mit "All you need to know about the music business". Da die meisten von Euch Englisch in der Schule gelernt haben dürften, werdet Ihr bei diesem einfach, aber gut geschriebenem Buch keine großen Schwierigkeiten mit dem Lesen haben. Zudem zeigt die Erfahrung, daß alles, was in den USA passiert, früher oder später auch hier auftaucht. Wer also schon heute weiß, was jenseits des Atlantiks gang und gebe ist, der hat einen entscheidenden Informationsvorsprung. Das Buch beginnt vernünftigerweise damit, wie man/frau sich sein/ihr Team aus ManagerInnen, AgentInnen und RechtsanwältInnen zusammenstellt (in den USA werden Demos oft über Rechtsanwälte an die Plattenfirmen weitergeleitet, was deren starke Rolle im dortigen Musikgeschäft zeigt}, geht dann durch alle Höhen und Tiefen von Plattenverträgen, um anschließend die Besonderheiten des amerikanischen Urheberrechts und weiterer Rechtsgeschäfte aufzumischen.
In der vorliegenden "Special U.K. Edition" wird auf die Besonderheiten unserer Inselnachbarn, die teilweise auch auf unser Land zutreffen, eingegangen. Natürlich gibt es auch hier gelegentlich trockene Stellen, doch mehrere Auflagen seit 1991 zeigen, wie gut dieses Buch vom englischsprachigen Markt angenommen wurden. Hoffen wir, daß es demnächst auch ein ähnliches Werk für den deutschen Markt geben wird.
(Zuerst erschienen in ROCKNEWS Rockmagazin für Hannover und Niedersachsen Nummer 38, Hannover, Januar 1996)

Susanne Will-Flatau
"Rechtsbeziehungen zwischen Tonträgerproduzent und Interpret aufgrund eines Standardkünstlerexklusivvertrages" (W.Mauke Söhne, Hamburg 1990)

Dies ist keine Lektüre für Musiker, die ist eine juristische Doktorarbeit, die die "Rechtsbeziehung zwischen dem ausübenden Künstler und dem Tonträgerproduzenten in der Unterhaltungsmusik bei Vorliegen eines Standartkünstlerexklusivvertrages" untersucht, also im Prinzip die Frage, wie ist der typische Schlagersänger-Vertrag rechtlich zu bewerten. Das wird dann auf über 150 Seiten entsprechend der juristischen Methodenlehre sauber durchgeprüft, also jeden Begriff auf alle Deutungsmöglichkeiten abgeklopft und Meinungen aus der juristischen Fachliteratur herangezogen. Dass das Ergebnis dieser Arbeit nicht auf jedermanns Zustimmung trifft dürfte offensichtlich sein, denn wie heißt es so schön: "2 Juristen, 3 Meinungen". Rochlitz in ZUM 91,261 widerspricht der Ansicht Will-Flataus, der Standartkünstlerexklusivvertrag sei mit dem Recht der Handeslvertreter zu vergleichen und daher eine 10jährige Bindung unzulässig, weil laut Rochlitz die Titelexklusivität, also das Verbot, die vertraglich eingesungenen Titel nochmals für andere Plattenfirmen aufzunehmen, den Künstler nicht daran hindere, Aufnahmen dieser Titel für Rundfunk und Fernsehen vorzunehmen, sowie in Konzerten vorzutragen. Auch an anderen Stellen bemängelt Rochlitz mangelnde Kenntnisse von Will-Flatau über die tatsächlichen Gegebenheiten in der Branche, empfiehlt aber das Buch trotzdem allen Juristen der Branche zur Lektüre. Dem kann ich mich nur anschließen: gut für Juristen, nichts für Musiker.
(nicht realisierte Besprechung für ROCKNEWS Rockmagazin für Hannover und Niedersachsen, fertiggestellt 24.10.05)

Erwin K. und Ute Scheuch
"Cliquen, Klüngel und Karrieren" (rororo, 1992)

Erinnert sich noch jemand an dieses Buch, dass damals wochenlang die öffentlichen Meinung beschäftigte? Die Eheleute Scheuch hatten anläßlich einer Untersuchung des sogenannten "Kölschen Klüngels" im Auftrag der Wirtschaftsvereinigung der CDU Nordrhein-Westfalens den"gegenwärtigen" Zustand des (west-)deutschen Parteiensystems und die Qualität der Politiker untersucht. Über 10 Jahre ist das her, aber geändert hat sich nichts. Deshalb hier nochmal als Erinnerung eine Auflistung der von ihnen beschriebenen Mechanismen des Umgangs mit politischen "Gegnern", wie der Klüngel eine inhaltliche Auseinandersetzung zu vermeiden und unter Diffamierung des politischen "Gegners" die erworbene Macht zu erhalten sucht. Die Analyse ist leider heute noch genauso aktuell wie damals:

  1. Die Motive der/des "Gegnerin/Gegners" und nicht die beschriebene Sache werden in Zweifel gezogen. Die/der "GegnerIn" sei frustriert, wobei nachträglich nach Anlässen für den bloß behaupteten Frust gesucht wird.
  2. Es ist doch alles nichts Neues - das mag richtig sein, ist aber damit selbstverständlich noch keine Entschuldigung. Mit dieser Wertung "alte Hüte" soll der Neuigkeitswert des Sachverhalts heruntergespielt werden.
  3. "Cosi fan tutte" - wir tun es doch alle, wird bekannt. Damit soll der Sachverhalt als bloße Banalität erscheinen.
  4. Soweit die/der "GegnerIn" (wissenschaftliche u.ä.) Kompetenz beansprucht, wird ihre/seine Äußerung als "un-/quasiwissenschaftlich" oder "inkompetent" bezeichnet. Damit wird versucht, das Gewicht der/des "Gegnerin/Gegners" zu mindern. Interessant daran ist, daß PolitikerInnen sich wie Autoritäten gebärden, die über Wissenschaftlichkeit befinden könnten.
  5. Verfangen die obigen Argumente nicht, kommen folgende Methoden zur Anwendung:
    1. Umarmen: "Die Argumente werden bei den weiteren Beratungen berücksichtigt."
    2. Wegtauchen
    3. Beschimpfen und drohen
    4. Den Dialog aufnehmen
  6. Die Technik der persönlichen Abwertung: Die/der "GegnerIn" ist von einer/m Dritten bezahlt wurden, um ein Angriff gegen die/den KritisierteN zu starten. Es handele sich bloß um "bestellte Kritik".

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