...gelesen...
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Douglas Adams
Lachs im Zweifel. Zum letzten Mal per Anhalter durch die Galaxis (Heyne
2003)
Sie haben es getan, sie haben die Festplatte von seinem
Macintosh gehackt und nach unveröffentlichten Texten gesucht. Und,
hat es sich gelohnt? Ich vermag darauf keine eindeutige Antwort geben.
Denn "Lachs im Zweifel" ist nicht der letzte Roman von DNA,
der am 11.5.2001 durch einen Herzinfarkt aus dem Leben gerissen wurde,
sondern eine Anthologie verstreuter Texte unterschiedlichster Art: Zeitungs-
und Zeitschriftenartikel, Interviews, Vor- und Grußworte und so
weiter. Das sind zwar Gebrauchstexte, doch von hoher sprachlicher Qualität.
Besonders schön ist die Technikreportage "Auf den Rochen reiten",
wo einem klar wird wie sehr die Liebe zur Natur in den 90er Jahren zu
einem Dreh- und Angelpunkt von DNAs Leben wurde, dann "Frank der
Wandale", der DNA als Computerbegeisterten zeigt (Mac, nicht PC!),
der sich die Perspektive des praktischen (nicht technikverliebten) Nutzers
erhalten hat, und schließlich "Gibt es einen künstlichen
Gott?", eine köstliche Tour der Force durch eine Reihe von
Wissenschaftsfeldern und Religionen, die nur so vor Ideen sprüht
- und die jeder selbst lesen sollte (muss ich auch nicht so viel zitieren).
Die eher literarischen Texte sind deutlich in der Minderheit und das
Fragment (eigentlich die gesammelten Fragmente) seines letzten unvollendeten
Romans lässt mich zwiespältig zurück. Die 11 Kapitel
von "Lachs im Zweifel" geben ein Versprechen, das nie mehr
erfüllt werden kann. Sie entwickeln eine Geschichte, die nur DNA
zu einem vernünftigen Ende hätte bringen können (möglicherweise
auch nicht, denn vielleicht blieben sie ja schon vor DNAs Tod aus guten
Gründen Fragment... oder hätte man Terry Jones an die Bearbeitung
setzen sollen, so wie er "Raumschiff Titanic" für DNA
geschrieben hatte?). Und so wäre es möglicherweise für
alle (auch seine Fans) besser gewesen, "Lachs im Zweifel"
dort zu lassen wo er ursprünglich war: auf der verschlüsselten
Festplatte, zu der nur DNA das Passwort kannte. Eine Anthologie der
Zeitungsartikel und sonstigen Texte ohne dieses reißerisch vermarktete
Fragment wäre genauso schön gewesen (hätte sich aber
nicht so gut verkaufen lassen). Besser aber wäre noch eine deutsche
Übersetzung der ursprünglichen Radiohörspiele von "Per
Anhalter durch die Galaxis". (Nebenbei: wird es Hollywood jemals
schaffen, den "Anhalter" zu verfilmen?)
(2003-03-31)
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Ich muß an dieser Stelle noch eine Stelle aus "Lachs im
Zweifel" zitieren, die geradezu Allgemeingültigkeit besitzt:
"Ich habe ein paar Regeln aufgestellt, die unsere Reaktionen
auf technische Neuerungen beschreiben:
- Alles, was es schon gibt, wenn du auf die Welt kommst, ist normal
und üblich und gehört zum selbstverständlichen Funktionieren
der Welt dazu.
- Alles, was zwischen deinem 15. und 35. Lebensjahr erfunden wird,
ist neu, aufregend und revolutionär und kann dir vielleicht zu
einer beruflichen Laufbahn verhelfen.
- Alles, was nach deinem 35. Lebensjahr erfunden wird, richtet
sich gegen die natürliche Ordnung der Dinge."
Dieses Zitat von S.134 lässt sich aktuell auch auf die schwachsinnige
Diskussion zur Rechtsschreibreform anwenden. Klar dass Günther
Grass gegen diese Reform sein muss, bei dem Alter ;-) (2004-08-30)
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Janosch
Restaurant & Mutterglück oder Das Kind (Merlin Theater 1998)
Dass Janosch ein Problem mit Frauen hat dürfte
eigentlich schon jeder mitgekriegt haben, der mal einen seiner Romane
("Sandstrand" zum Beispiel, oder "Sacharin im Salat")
gelesen hat. Hier gibt es wieder zwei Breitseiten: in "Restaurant.
Eine Tragödie in Szenen" gibt es zuerst einen klischeebeladenen
Pump Gun-Schuß (auch ungezielt wird ein großes Loch erzeugt)
in Richtung Schickeria, danach reichlich Säbelhiebe in Richtung
Mütter, die ihre Söhne mit ihrer Fürsorge ersticken und
Schwiegertöchter unterwerfen wollen, während sie gleichzeitig
ihren Gatten ausnehmen und am liebsten lebendig begraben wollen. Danach
kommt mit "Mutterglück oder Das Kind. Ein kleingroßes
Drama" ein Degengemetzel an Blumenkindern und der Proll-Jugend
von heute im allgemeinen, sowie an ausbeuterischen Töchtern und
hilflosen, von Mutterliebe geknechteten Müttern im besonderen.
Auch hier verraten die zahlreichen Klischees, dass Janosch eigentlich
eine andere Zeit erlebt hat (wahrscheinlich das Schwabing der 60er Jahre)
und seine Erfahrungen nicht recht mit der heutigen Zeit kompatibel sind.
Keine essentiellen Werke, wahrscheinlich weil zuwenig eigene Geschichte/zuwenig
Selbstrefflektion drinnen steckt. "Zurück nach Uskow"
ist Klassen besser.
(2003-03-31)
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Janosch
Lügenmaus und Bärenkönig (Ravensburger Taschenbücher
1975)
Janoschs Ruhm kam mit dem kleinen Tiger, dem kleinen
Bären und der Tigerente, vielleicht weil die Figuren so schön
oberflächlich und pädagogisch sind. Wahre Klasse haben dagegen
die Geschichten aus dem Jahrzehnt davor. "Lügenmaus und Bärenkönig"
versammelt Texte und ein paar Zeichnungen von 1966 bis 1969, darunter
Ausschnitte aus "Hannes Strohkopp und der unsichtbare Indianer",
eines meiner Lieblingsbücher zu Grundschulzeiten. Dieses Taschenbuch
ist zweifellos ein rein kommerzielles Produkt, soll es doch zum günstigen
Preis neugierig machen auf die bisherigen Publikationen von Janosch.
Die malerische und zeichnerische Seite seines Werks kommen umständehalber
deutlich zu kurz - auch hier ist das Frühwerk für meinen Geschmack
der Erfolgszeit deutlich überlegen, während das Spätwerk
glücklicherweise die Süßlichkeit der Erfolgszeit vermeidet
und wieder mehr Interesse erwecken kann -, aber die Texte umreißen
schon den Kosmos von Janoschs Kinderbuchwelt und nehmen viele der Erfolgsthemen
vorweg. Tatsächlich hat Janosch ja nicht erst in den letzten Jahren
zum Recycling gegriffen, sondern ständig umgeschrieben, wobei die
Texte leider ihre Ecken und Kanten verloren haben und immer massenkompatibler
wurden. Dieses Taschenbuch ist wohl schon lange vergriffen und ein gut
erhaltenes Exemplar zu finden dürfte schwer sein. Ravensburger
Taschenbücher waren zum lesen, freuen, bemalen und wegwerfen, eben
für Kinder und nicht für Erwachsene, die ihrer Jugend nachträumen.
(2003-03-31)
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Tony Clayton-Lea
Elvis Costello. A Biography (Fromm International 1999)
Elvis Costello ist schon ein interessanter Künstler,
besser gesagt: er hat ein paar großartige Platten gemacht - aber
hat er auch eine interessante Biografie, über die es sich zu schreiben
lohnt? Nach der Lektüre dieses Buches weiß ich es immer noch
nicht. Zwar hat Costello jede Mitarbeit abgelehnt und auch den Abdruck
von Songtexten verweigert, aber trotzdem hätte man das Buch interessanter
schreiben können. Alles bleibt etwas blass: seine Jugend, die Zeit
als Pubrocker, der Wahnsinn des schnellen Erfolgs in der Punk-Explosion
(sein Verhältnis zu den Punks, bzw. deren Verhältnis zu ihm
findet keine Erwähnung). Breiten Raum kriegt Costellos Affäre
mit Babe Buell einschließlich Abtreibung, das Ende der ersten
Ehe aber kaum. Auch über seine zweite Frau Cait O'Riordan erfährt
man wenig, dabei ist Mary Costello (auch sie hat diesen Künstlernamen
interessanterweise angenommen) heute als Radiomoderatorin tätig
und Cait war Bassistin bei den Pogues und hat offenbar inzwischen eine
universitäre Laufbahn eingeschlagen, das ist doch interessant,
oder? Costellos künstlerische Krisen - die so großartige
Folgen wie die "Almost Blue"-LP hatten - werden kaum analysiert,
das Zerwürfnis mit den Attractions und insbesondere Bruce Thomas
wird mit ein paar Sätzen abgetan. Dieses Buch hat zuviel Erfurcht
und kratz daher nur an der Oberfläche. Schade eigentlich.
(2003-03-24)
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Robert Anton Wilson
Das Lexikon der Verschwörungstheorien. Verschwörungen, Intrigen,
Geheimbünde (Piper 2002)
Genau, wer einmal anfängt sich genauer mit dem
11. September zu beschäftigen, kommt aus dem Irrsinn nicht mehr
heraus und braucht für den Überblick ein "Lexikon der
Verschwörungstheorien". Dies hat nun ausgerechnet Robert Anton
Wilson, Mitautor der "Illuminatus"-Trilogie und anderer ähnlicher
Schädelspalter getan. Herausgekommen ist ein lustiges Buch voller
bizarrer Ideen und durchgeknallter Typen. Okay, ich wusste gar nicht,
wie viele Leute in den Kennedy-Mord verwickelt waren, aber welche Königshäuser
nun von welchen Außerirdischen abstammen und worin die Freimaurer,
P2 und Illuminaten alles die Finger drinnen haben sollen, das ist doch
zuviel des Gutem, um ernst genommen zu werden. Es ist gut, sich an die
vielen verschiedenen Schweinereien von CIA und Co. zu erinnern, aber
der ganze UFO-Kram ist doch langsam nur noch ein Witz mit Bart - wofür
Wilson ja nichts kann, er sammelt nur, was andere sich so ausdenken.
Es gibt ein paar Einträge, denen es sich lohnen würde nachzugehen,
wie z.B. Ray Palmer, Science Fiction-Autor und möglicher Erfinder
der gesamten UFO-Mythologie seit dem 2.Weltkrieg, oder dem bisher nur
teilweise veröffentlichten Spätwerk von Philip K. Dick (R.
Buckminster Fuller scheint auch nicht uninteressant zu sein).
Wilhelm Reich und sein Orgon werden ja von Zweitausendeins ständig
rehabilitiert, ebenso Charles Fort, über Frank Olsen war neulich
sogar eine Sendung im ARD und dass er von der CIA ermordet wurde, weil
er zuviel über die Gehirnwäschemethoden des Geheimdienstes
ausplauderte, und über die Verwicklungen des amerikanischen Militärs
und der Mafia in den Mord an Martin Luther King ist auch gerade ein
Buch im Fernsehen (ebenfalls ARD) erwähnt worden. H.P. Lovekraft
kriegt auch eine Erwähnung, obwohl ich den immer nur als interessanten
Horror-Autor wahrnahm, aber Heribert Illig und seine Zeitsprung-Theorie
(die Jahre von 614 bis 911 n.Chr. hat es angeblich nie gegeben, was
er immer wieder gerne bei "Ten To Eleven" von Alexander Kluges
DCTP erzählt) fehlen. Überhaupt ist liegt das Schwergewicht
des Inhalts in den USA, weniger in Europa (Uwe Barschel ist aber dabei),
von Afrika und Asien ganz zu schweigen. Sind die Amerikaner etwa besonders
paranoid? Brauchen sie deshalb so viele Waffen? Und was passiert, wenn
ich jetzt )+( schreibe?
PS: Erinnert sich noch jemand an die Kornkreise? ;-)
(2003-03-10)
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